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Lehrer-Arbeitslosigkeit in Ferien vor Ende? GEW will feiern

Die Grünen-Fraktion will das Murmeltier verscheuchen, das jeden Sommer wieder grüßt. Seit Jahren beklagen die Gewerkschaften, dass befristet angestellte Lehrkräfte und Jungpädagogen über den Sommer entlassen würden. Das zu ändern würde aber eine Stange Geld kosten.

Schule
Ein Lehrer steht im Unterricht an der Tafel. Foto: Marijan Murat
Ein Lehrer steht im Unterricht an der Tafel.
Foto: Marijan Murat

Vor den Haushaltsgesprächen ist die Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) massiv unter Druck geraten, nochmal deutlich mehr Geld in Bildung zu investieren. Auslöser ist die Forderung der Grünen-Fraktion, die langjährige Praxis zu ändern, dass befristet angestellte Lehrkräfte und fertige Referendare über die Sommerferien hinweg in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Das würde 15 Millionen Euro für die etwa 4000 betroffenen Pädagogen im Jahr kosten. Die Lehrer-Gewerkschaften und die Opposition nahmen die Grünen beim Wort und sprachen von einem längst überfälligen Schritt. Die CDU-Seite kann das auch nicht ohne weiteres ablehnen, denn ein Parteitag hatte vor kurzem ebenfalls für ein Ende der Regelung gestimmt. Allerdings ist man in der Regierung skeptisch, ob das in der momentanen Krise wirklich vordringlich ist.

Ein Sprecher des Staatsministeriums dämpfte allerdings die Euphorie der Gewerkschaften. »Es ist nichts entschieden, weder positiv noch negativ, bevor die Haushaltskommission getagt hat«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage. Die Spitzen der Koalition treffen sich an diesem Samstag, um darüber zu beraten, wofür das Land mehr ausgeben kann. Da die Steuerschätzung positiv ausgefallen ist, dürfte deutlich mehr Geld zur Verfügung stehen. Die genauen Zahlen für das Land waren zunächst noch nicht bekannt. Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) will allerdings den Puffer für Risiken in der Energie- und Inflationskrise stärken und mehr Geld zurücklegen. Die Fraktionen hatte er erst am Mittwoch zum Maßhalten aufgerufen.

Der Vorschlag der Grünen-Fraktion zu den befristet angestellten Lehrkräften steht auf der sogenannten Herbstliste für Nachforderungen für den Doppelhaushalt 2023/2024. Zuerst hatte die »Südwest Presse« darüber berichtet. Weder die Grünen- noch die CDU-Fraktion wollten sich offiziell dazu äußern. Über die Jahre hatten unterschiedliche Regierungen und Kultusminister die Forderung der Gewerkschaften als zu teuer zurückgewiesen. In Kreisen der Regierung hieß es, dass ausgerechnet jetzt in der Krise diese Praxis geändert werde solle, sei schwer nachzuvollziehen.

Aus Sicht der SPD-Fraktion reagiert die Koalition mit der Maßnahme auf die zuletzt harte Kritik der Lehrerverbände an der Bildungspolitik des Landes. »Warum handelt die Landesregierung bildungspolitisch immer erst dann, wenn die Hütte wirklich brennt?«, fragte Stefan Fulst-Blei für die SPD-Fraktion.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erinnerte daran, dass die Grünen vor elf Jahren mit dem Versprechen angetreten seien, »diese unwürdige Praxis endlich zu beenden.« Wenn sie jetzt Wort hielten, werde man am ersten Tag der Sommerferien im nächsten Jahr vor dem Landtag stehen, sagte Farina Semler, Vize-Chefin der GEW. »Dann werden wir nicht demonstrieren, sondern Sekt mitbringen und die befristet beschäftigten Lehrkräfte und die Landtagsabgeordneten einladen.«

Der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, tat gleich so, als sei die Maßnahme schon beschlossen. »Der VBE bedankt sich bei der Landesregierung, dass sie diesen Schritt geht und somit eine unserer langjährigen Forderungen erfüllt.« Selbst die FDP zeigt sich erfreut über den Schritt. »Es war höchste Zeit«, sagte Bildungsexperte Timm Kern. Jedoch müsse das Land noch viel mehr tun, um den dramatischen Lehrkräftemangel zu bekämpfen.

Nur der Bund der Steuerzahler trat auf die Bremse. »Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch finanzierbar«, erklärte Landeschef Eike Möller. Zwar gebe es mehr Steuereinnahmen, aber daraus ergebe sich kein neuer Spielraum für Ausgaben. Denn im Bund wolle man die sogenannte kalte Progression abbauen, was im Land zu weniger Einnahmen führen werde. »Die sogenannte Herbstliste gehört zurück in die Schublade«, forderte Möller.

© dpa-infocom, dpa:221028-99-296706/3