Weil er eine 89-jährige Frau aus Habgier ermordete, ist ein Pfleger zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Der 26-Jährige, der am Tatabend Schmuck entwendete, habe den Tod der Seniorin billigend in Kauf genommen, entschied das Freiburger Landgericht am Donnerstag. Der Mann wurde zudem wegen räuberischen Diebstahls mit Todesfolge verurteilt.
Das Gericht folgte mit dem Urteil wegen Mordes dem Antrag der Staatsanwaltschaft. »Dem Angeklagten war das hohe Alter des Opfers bekannt«, resümierte der Vorsitzende Richter Arne Wiemann.
Der 26-Jährige war nördlich von Freiburg in Herbolzheim (Landkreis Emmendingen) im Oktober vergangenen Jahres bei einem Ehepaar als Pflegekraft beschäftigt und wohnte im Haus. Der zur Tatzeit stark alkoholisierte Mann versetzte der wehrlosen Frau mindestens acht Faustschläge ins Gesicht und sperrte sie dann im Heizungskeller ein, wie das Gericht berichtete.
Zuvor hatte die 89-Jährige bemerkt, dass der aus Polen stammende Pfleger Schmuck stehlen wollte. Sie konnte noch die Polizei alarmieren - eine Streife traf etwa 15 Minuten später ein. Das schwer verletzte Opfer starb wenige Tage nach dem Angriff in einer Klinik. »Jeder der Schläge allein hätte für die Frau lebensgefährlich sein könnten«, sagte Wiemann.
Der in Polen vorbestrafte Angeklagte wurde mit Handschellen in den Gerichtssaal gebracht. Er verfolgte die Urteilsverkündung zeitweilig mit gesenktem Kopf. »Es tut mir leid, was passiert ist«, sagte er. Während des Prozesses hatte sich der Pfleger sich nicht selbst zu den Vorwürfen geäußert - laut einer Erklärung des Verteidigers machte er Erinnerungslücken geltend. Die Kammer war also in dem komplizierten Verfahren auf Zeugenaussagen und Indizien angewiesen.
»Mord war es nicht«, sagte der Verteidiger des 26-Jährigen. Es gibt die Möglichkeit, innerhalb einer Woche gegen das Urteil in Revision zu gehen.
»Wir gehen davon aus, dass der Angeklagte habgierig gehandelt hat«, sagte Richter Wiemann. Schon bei einer anderen Tätigkeit in Deutschland sei der Mann wegen Diebstahls aufgefallen. In seiner Heimat wurde er wegen eines Raubüberfalls zu einer Haftstrafe verurteilt.
Vor Gericht wurden auch Chatnachrichten verlesen, die nach Ansicht des Gerichts eine Gier nach Wertgegenständen belegten. »Sie sollten ernsthaft darüber nachdenken, in der JVA (Justizvollzugsanstalt) Freiburg eine Sozialtherapie zu machen«, sagte Wiemann zu dem Angeklagten. Bei der Strafe müssten mindestens 15 Jahre tatsächlich verbüßt werden.
Wie das Gericht berichtete, dauerte es am Tatabend eine Weile, bis die alarmierte Polizei die schwer verletzte Frau fand. Der Angeklagte habe zunächst gesagt, es gebe keine Frau in dem Haushalt. Die Beamten hätten sich jedoch nicht abwimmeln lassen und hätten das blutüberströmte Opfer schließlich im Keller entdeckt.
Auch der hochbetagte Ehemann des Opfers starb nach Angaben der Staatsanwaltschaft kurze Zeit nach dem Vorfall. Eine Obduktion habe allerdings keine Hinweise auf ein Fremdverschulden ergeben.
Tötungsdelikte in der Pflege machen deutschlandweit immer wieder Schlagzeilen. Erst im Frühjahr hatte das Landgericht München I einen Krankenpfleger wegen zweifachen Mordes und sechsfachen Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt.
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, teilte anlässlich des Falls in Südbaden mit, es brauche mehr Anstrengungen, um Einzeltäter zu stoppen. »Daher gilt es, endlich Schwerpunktstaatsanwaltschaften und zentrale Ermittlungsgruppen für Delikte in Pflege und Medizin bundesweit einzurichten«, erklärte er laut einer Mitteilung.
Strafgesetzbuch, Paragraf 211 (Mord)
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