Das Kultusministerium verwies auf das amtliche Regelwerk für die deutsche Orthografie, für das der Rat für deutsche Rechtschreibung die maßgebende Instanz sei. »Er sieht bisher keine verkürzten Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen vor«, teilte ein Sprecher mit. Dem Ministerium sei es zwar ein Anliegen, dass Schüler und Schülerinnen im Südwesten auf geschlechtergerechte Sprache aufmerksam gemacht werden. So sollten in der Regel durchgängig die weibliche und die männliche Form oder neutrale Formen wie »Lehrkräfte« und »Studierende« verwendet werden. Es gebe aber keine abweichenden Empfehlungen. Die Beurteilungs- und Korrekturrichtlinien für die Abschlussprüfungen enthielten keine Aussagen zum Gendern. Weiter hieß es, das Ministerium wisse von keinen konkreten Fällen, in denen genderneutrale Sprache in Klausuren angestrichen wurde.
Die Lehrergewerkschaft GEW befürwortet einen differenzierten Ansatz: Bei einem Diktat, bei dem die Rechtschreibregeln des Duden im Vordergrund stehen, müsse das Gendern anders bewertet werden als bei einer Textaufgabe in Mathematik oder in einem mehrseitigen Essay, bei dem kreative Freiheit möglich sein müsse. Das Thema sei auch nicht für die erste Klasse Grundschule geeignet, sondern eher für weiterführende Schulen, erläuterte ein GEW-Sprecher. »Wenn sich die Sprache verändert, muss sich auch die Schule damit auseinandersetzen.« Die Lehrer seien Profis genug, die richtigen Maßstäbe zu setzen.
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