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Land: Übungsflüge der Bundeswehr gefährden Windkraft-Ausbau

Hubschrauber-Übungsstrecken sorgen schon seit längerem für Ärger zwischen Baden-Württenberg und der Bundeswehr. Die Landesregierung sieht in den Routen eine Gefahr für den Ausbau von Windenergie. Und schreibt einen weiteren Brief an das Verteidigungsministerium.

Bundeswehr-Übungsflüge
Ein SAR-Hubschrauber vom Typ Airbus H145, landet nach einem Übungsflug. Foto: Marcel Kusch
Ein SAR-Hubschrauber vom Typ Airbus H145, landet nach einem Übungsflug.
Foto: Marcel Kusch

Beim Ausbau der Windkraft sieht sich das Land auch weiterhin durch Übungsflüge der Bundeswehr ausgebremst. Probleme bereiten unter anderem die seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgeweiteten Tiefflugkorridore für Hubschrauber. In einem Schreiben an Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beklagen das Landesumwelt- und das Verkehrsministerium die von der Bundeswehr zusätzlich beanspruchten Flugkorridore.

Eingeschränkt sieht sich das Land auch durch die sogenannte Radarmindestführungshöhe vor allem rund um die Flugplätze Niederstetten (Main-Tauber-Kreis) und Laupheim (Kreis Biberach). Gemeint ist damit die niedrigste Flughöhe, die einem Piloten vom Fluglotsen im Normalbetrieb zugewiesen werden darf.

Dem Land bereite dies beim Ausbau der Windkraft »gehörige Schwierigkeiten«. Für neue Windkraftanlagen seien die Flächen in einem großen Maße nicht nutzbar. Der jüngste Brief mag überraschen. Denn eigentlich hatte es für beide Seiten erst vor kurzem in einem ähnlichen Streit eine Lösung gegeben. Zuerst hatte die »Südwest Presse« (Samstag) aus dem Brief zitiert.

Betroffen seien allein im Kreis Biberach fast 70 Prozent der Kreisfläche, in der Region Donau-Iller 60 Prozent. Die ausgeweiteten Korridore für Hubschraubertiefflugstrecken beträfen mittlerweile ein Gebiet von rund 11 Prozent der baden-württembergischen Landesfläche, etliche Regionen und Kreise seien betroffen. »Bei einem Blick auf die Karte stellt sich die Frage, ob diese Strecken in dieser Anzahl und Ausmaß wirklich zu Übungszwecken benötigt werden«, argumentieren die Regierungsmitglieder. »Auch wurden Strecken teilweise über bereits überplante Gebiete gelegt.«

Das Bundesverteidigungsministerium solle beim Überprüfen des Streckenbedarfs nicht nur den militärischen Bedarf berücksichtigen, bitten Umweltministerin Thekla Walker und Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne). Es solle auch speziell ein Fokus auf die Flächen gelegt werden, die für die Windkraft geeignet seien. »Wir sind davon überzeugt, dass in den dargestellten Bereichen durchaus Raum für Lösungen besteht, welche ein Miteinander der militärischen Bedürfnisse und das Voranbringen der Energiewende ermöglichen«, schreiben beide.

Kein wirklich neuer Streit: Immer wieder kommen die Korridore in die Quere, wenn es um den Windkraftausbau geht. Für Aufsehen hatte zuletzt ein mittlerweile beigelegter Streit über Hubschrauber-Übungsstrecken im Altdorfer Wald gesorgt. In dem Staatswald und einem zusätzlich gepachteten Forst des Hauses Waldburg-Wolfegg-Waldsee soll eine der größten Windkraftanlagen Baden-Württembergs entstehen. Auf insgesamt 2000 Hektar sollen mehr als 40 Windräder aufgestellt werden, die Strom produzieren sollen.

Umweltministerin Walker hatte der Bundeswehr im vergangenen Herbst vorgeworfen, das Projekt durch eine Ausweitung von Übungsrouten für das Laupheimer Hubschraubergeschwader 64 zu gefährden und sich bereits schon einmal in Briefen an die Bundesregierung gewandt. Die Vorwürfe hatte das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr in Bonn zurückgewiesen und von einer Reaktivierung alter Routen gesprochen. Nun schreiben Walker und Hermann, man habe das grüne Licht für den dortigen Ausbau »mit großer Freude und Erleichterung aufgenommen«.

Das Land ist dringend angewiesen auf Flächen für neue Windräder. Zwar wurde zuletzt die Zahl der genehmigten Windräder erhöht, beim stark angestrebten Ausbau der Anlagen kommt Baden-Württemberg aber nicht wesentlich vom Fleck. Nach neuen Zahlen der Bundesnetzagentur wurden im vergangenen Jahr nur 41 Windkraftanlagen genehmigt. In Niedersachsen waren es im selben Jahr hingegen 196 neue Räder, in Nordrhein-Westfalen 184. Im selben Zeitraum wurden im Südwesten auch nur 9 neue Windkraftanlagen errichtet, in NRW hingegen 68 und in Niedersachsen 67.

Laut Bundesnetzagentur stehen in Baden-Württemberg inzwischen rund 770 Windkraftanlagen. Unter den Flächenländern hatte im Januar nur noch Sachsen weniger Windräder (Stand: 21.2.2023).

© dpa-infocom, dpa:230318-99-02426/3