Kriege und sich häufende klimabedingte Krisen treffen nach Beobachtung der katholischen Hilfsorganisation Caritas zunehmend die Ärmsten der Armen auf der Welt. »Wir haben es mit einer veritablen Krisenspirale zu tun«, sagte die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, am Donnerstag bei der Jahrespressekonferenz von Caritas International in Freiburg.
Aktuellen Prognosen zufolge seien in diesem Jahr mehr als 339 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen; 65 Millionen mehr als im Vorjahr. Verschärft habe sich die weltweite Hungerkrise durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.
Der Ukraine-Krieg sei zwar nur einer von 217 kriegerischen Konflikten. Doch mit ihm sei der Hunger zurückgekehrt. »Dieser Krieg ist längst ein Krieg mit weltweiter Ausstrahlung«, sagte Welskop-Deffaa.
Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Region Cherson stehe beispielhaft für die Folgen: Mit rund 580.000 Hektar zerstörter Anbaufläche habe sich über Nacht die Lebensperspektive von Zehntausenden Menschen in Ostafrika verschlechtert. Der Preis für Weizen sei innerhalb weniger Tage nach dem Dammbruch auf dem Weltmarkt um drei Prozent gestiegen. Arme Menschen hätten nun noch größere Probleme, sich zu ernähren - nicht nur in Staaten wie Jemen oder Somalia, die von Getreideexporten besonders abhängig seien.
Caritas International mit Sitz in Freiburg ist ein weltweit tätiges Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes. Im vergangenen Jahr hat es nach eigenen Angaben so vielen Menschen in Not geholfen wie nie zuvor: 9,8 Millionen Menschen wurden mit einer Rekordsumme von mehr als 119 Millionen Euro unterstützt; das waren 3,7 Millionen Menschen mehr als im Vorjahr.
Besonders viele Spenden gingen für die Ukraine ein: Allein 74 Millionen Euro wurden für 25 Hilfsprojekte dort zur Verfügung gestellt. Das sei mehr als je zuvor beim Hilfswerk nach einer Krise oder Katastrophe eingegangen sei. Es handle sich um eine der größten Hilfsaktionen, sagte der Leiter von Caritas International, Oliver Müller.
Die Caritas begleitet Flüchtlinge aus der Ukraine auf ihrem Weg und hilft vor Ort. Mehr als drei Millionen Menschen hat sie bislang mit Lebensmitteln, Trinkwasser, Hygieneartikeln und Kleidung unterstützt. Das Hilfswerk organisiert auch Hauskrankenpflege, unterhält Schutzräume für Kinder oder hilft bei Brennmaterial oder bei der Reparatur beschädigter Häuser. Kriegsopfer wie Helfende sollen auch stärker psychologisch beim Aufarbeiten der Kriegserlebnisse betreut werden.
Nach dem Jahresbericht hat Caritas International im Jahr 2022 knapp 80 Prozent der Spenden und Drittmittel für die Hilfe nach Naturkatastrophen und Kriegen ausgegeben. 20 Prozent flossen in soziale Projekte für Kinder, alte, kranke und behinderte Menschen.
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