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Kretschmann will noch einmal Ministerpräsident werden

Nun ist es raus: Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann strebt eine dritte Amtszeit an. Die Freude bei den Grünen dürfte groß sein. Für die politische Konkurrenz wird es hingegen bei der Landtagswahl im Jahr 2021 richtig schwierig.

Winfried Kretschmann
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Sebastian Gollnow/Archivbild
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Sebastian Gollnow/Archivbild

STUTTGART. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will bei der Landtagswahl 2021 erneut antreten. Der Landesverband der Grünen verbreitete am Donnerstag per Twitter einen entsprechenden Brief Kretschmanns »an die Bürgerinnen und Bürger«. Darin schreibt der 71-Jährige: »Ich habe mich dafür entschieden, mich bei der kommenden Landtagswahl erneut um das Amt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg zu bewerben.«

Kretschmann ist seit 2011 der erste und bislang einzige grüne Ministerpräsident eines Bundeslandes und genießt hohe Beliebtheitswerte in der Bevölkerung. Seit 2016 regiert er mit einer grün-schwarzen Koalition - davor gab es ein grün-rotes Bündnis.

Kretschmanns Entscheidung dürfte in seiner Partei mit großer Erleichterung aufgenommen werden. 2016 waren die Grünen mit ihm an der Spitze als stärkste Kraft aus der Landtagswahl hervorgegangen. Sie holten 30,3 Prozent. Die CDU landete mit 27 Prozent auf dem zweiten Platz. 2021 wollen die Grünen den Ministerpräsidentenposten verteidigen - vor allem gegen die CDU, die in Baden-Württemberg selber wieder den Regierungschef stellen möchte. Für die Christdemokraten zieht Kultusministerin Susanne Eisenmann als Spitzenkandidatin in den Landtagswahlkampf.

Kretschmann tat sich mit der Entscheidung einer erneuten Spitzenkandidatur nicht leicht. Immer wieder verwies er in den vergangenen Monaten darauf, dass er zum Zeitpunkt der nächsten Landtagswahl 72 Jahre alt sein werde. Andererseits haben es die Grünen versäumt, einen Nachfolger für Kretschmann aufzubauen. Hätte Kretschmann seinen Verzicht auf die Spitzenkandidatur erklärt, hätten die Grünen unter Zeitdruck einen Nachfolger suchen und aufbauen müssen. Die Landtagswahl ist im Frühjahr 2021.

Der Tweet der Grünen

"Winfried #Kretschmann wird erneut als Ministerpräsident von Baden-Württemberg antreten. Warum und wofür er wieder antritt, erläutert er in einem Brief an die Bürger*innen: http://winfried-kretschmann.de/brief-an-die-buergerinnen-und-buerger/"

https://twitter.com/GrueneBW

Was Sie (vielleicht) noch nicht über Winfried Kretschmann wussten

Man meint ihn zu kennen: Winfried Kretschmann (Grüne) ist Baden-Württembergs Ministerpräsident. Äußerliches Markenzeichen ist sein markanter Bürstenhaarschnitt. Es gibt aber auch weniger auffällige Merkmale, die Kretschmann ausmachen.

BERUF: Als Kind wollte er eigentlich Pfarrer werden. Die Zeit in einem strengen, katholischen Internat trug jedoch dazu bei, dass er seinen Berufswunsch änderte und Lehrer wurde mit einer besonderen Vorliebe für Ethik und Biologie.

WELTRETTER: In jungen Jahren wollte Kretschmann nach eigenem Bekunden die Welt retten. Dann sei ihm aufgegangen, dass er das gar nicht könne. Seitdem geht der Grüne seine Ziele Schritt für Schritt an und im Wissen, dass es Vollkommenheit nicht gibt. Pragmatismus und Kompromissbereitschaft prägen seine Politik. Für manche linke Grüne geht er damit gelegentlich zu weit - etwa, wenn es um Abschiebungen geht.

GEISTESBLITZ: In den 1980er Jahren plädierte Kretschmann im Landtag dafür, dass die Toilettenspülung zwei Knöpfe haben sollte - einen fürs große und einen fürs kleine Geschäft. Im Parlament stieß das damals auf Heiterkeit - heute ist diese Technik Standard.

TWITTER: Dort ist er nicht selbst aktiv - er lässt Mitarbeiter in seinem Namen twittern. »Ich bin ein Altgrieche und Anhänger langer Sätze«, bekannte er in einem Interview. »Mir würden sich die Haare sträuben, wenn ich meine Politik in 140 Zeichen erklären müsste.«

SCHWEIGEN: Es kommt vor, dass Kretschmann mal keine Lust zum Reden hat. Dann schweigt er - manchmal auch zum Leidwesen seiner Frau Gerlinde. Auch zur Frage, ob er zur Landtagswahl 2021 als Spitzenkandidat für die Grünen antreten will, schwieg er lange.

REISEN: Kretschmann reist nicht besonders gerne - vor allem nicht, wenn er dabei mehrere Zeitzonen in kurzer Zeit überwinden muss. Doch ums Reisen kommt er als Ministerpräsident nicht herum. Zum Beispiel besuchte er gleich zwei Mal Kalifornien und die Technologieregion Silicon Valley. Kretschmann schätzt Kaliforniens früheren Gouverneur Jerry Brown, weil dieser noch mit 80 Jahren sein Amt ausfüllte.

GEBURTSTAGE: Die sollte man nach Kretschmanns Meinung nicht überbewerten. »Geburtstage hat jede Kuh«, sagte er zu seinem 65.

Geburtstag. Zu seinem letzten runden Geburtstag ergänzte er: »Aber nicht jede Kuh wird 70.« Jetzt ist Kretschmann 71 Jahre alt.

HANNAH ARENDT: Sie ist Kretschmanns Lieblingsphilosophin. Als Student hat sich Kretschmann zeitweise in linksradikale Gruppen verirrt. »Die Philosophie von Hannah Arendt hat mir geholfen, mich aus diesem engen Denken zu lösen.« Denn Arendt habe geschrieben, dass Grundlage aller Politik die Pluralität des Menschen sei.

PROVINZ: Kretschmann bezeichnet sich als Provinzpolitiker. In die große Politik nach Berlin hat es ihn nach eigenen Worten nie gezogen. Auch privat mag er das Ländliche: Er lebt mit seiner Frau Gerlinde auf der Schwäbischen Alb im Dorf Laiz, das zu Sigmaringen gehört. (dpa)