Vor wichtigen Gesprächen über die Landeserstaufnahme (LEA) für Flüchtlinge in Ellwangen hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann erneut an die Stadt appelliert und die Bedeutung der Unterkunft hervorgehoben. »Die Verhandlungen sind noch nicht so weit, dass ich sagen könnte, ich bin auch zuversichtlich, dass es zustande kommt«, sagte der Regierungschef vor dem Treffen des Gemeinderats der Stadt mit Vertretern des Migrationsministeriums am Mittwoch (17.00 Uhr). »Allerdings ist der Zwang der Verhältnisse enorm und spricht für eine Einigung«, fügte der Grünen-Politiker hinzu. Es sei faktisch nicht möglich, die Einrichtung zu verlassen angesichts der Zahl geflüchteter Menschen.
Das Gespräch ist das nächste Kapitel im andauernden Zerren um den Weiterbetrieb der Unterkunft in einer ehemaligen Kaserne. Eine Vereinbarung zwischen Land und Kommunen sieht eigentlich vor, dass die LEA zum Jahresende ihre Pforten schließt. Daran würde die Stadt gerne festhalten und verweist auf den Bedarf etwa für Wohnraum und zur Stadtentwicklung. Eine Mehrheit des Gemeinderats sei gegen einen Weiterbetrieb, sagte ein Sprecher der Stadt. CDU und Freie Bürger haben im Gemeinderat eine klare Mehrheit. Die Stadt sei an keiner dauerhaften Einrichtung interessiert, hieß es weiter.
Dennoch weiß man auch in Ellwangen um die Zwänge des Landes. Das für Migration zuständige Justizministerium von Marion Gentges (CDU) betont den dringenden Bedarf für die LEA angesichts des starken Zuzugs von Flüchtlingen vor allem aus der Ukraine. Ein leistungsfähiges und flexibles Erstaufnahmesystem sei in dieser Lage unverzichtbar. Im Gespräch mit der Kommune hofft das Land nun, einen Kompromiss finden zu können.
Als eine mögliche Perspektive in den Gesprächen mit der Stadt gilt der Standort Böblingen. Dort könnte demnach eine alternative Unterkunft entstehen, die Ellwangens Erstaufnahmeeinrichtung ersetzen würde. Dabei handelt es sich aber keineswegs um eine kurzfristige Lösung, wie auch Kretschmann jüngst in Stuttgart sagte.
Die LEA besteht seit dem Jahr 2015. Sie sollte zunächst für fünf Jahre betrieben werden. 2019 wurde die Vereinbarung zwischen dem Land und den Kommunen bis Ende 2022 verlängert. Die Unterkunft ist für rund 1000 Flüchtlinge ausgelegt. In diesem Jahr sind bereits rund 140.000 Menschen aus der Ukraine nach Baden-Württemberg geflüchtet. Darüber hinaus kamen etwa 22.000 Asylsuchende in den Südwesten.
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