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Konsequenzen nach Freiburger Missbrauchsbericht gefordert

Die Studie über sexuellen Missbrauch durch Geistliche erschüttert das Freiburger Erzbistum. Harte Kritik gibt es an Alt-Erzbischof Zollitsch. Die kommt mittlerweile auch vom ranghöchsten Katholiken des Landes. Müssen Menschen, die Leid erfuhren, mehr gehört werden?

Freiburger Betroffenenbeirat fordert weitere Konsequenzen
Der ehemalige Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch läuft nach der Bischofsweihe von Christian Würtz am Münster vorbei. Foto: Patrick Seeger
Der ehemalige Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch läuft nach der Bischofsweihe von Christian Würtz am Münster vorbei.
Foto: Patrick Seeger

Der Betroffenenbeirat der Freiburger Erzdiözese fordert, weitere Konsequenzen aus dem neuen Bericht über sexuellen Missbrauch zu ziehen. Es müsse nun untersucht werden, wie sich bei betroffenen Menschen die nun festgestellte Vertuschung ausgewirkt habe und diese sei auch anzuerkennen. Das sagte die Vorsitzende Sabine Vollmer der Deutschen Presse-Agentur. Betroffenen sei mitunter über Jahrzehnte hinweg nicht geglaubt worden.

Der am Dienstag veröffentlichte Bericht über sexuellen Missbrauch durch Geistliche im Erzbistum Freiburg kommt zu dem Schluss, dass die Amtszeit von Alt-Erzbischof Robert Zollitsch bis 2013 durch »konkretes Vertuschungsverhalten« geprägt war. Zollitsch führte von Februar 2008 bis März 2014 auch die Deutsche Bischofskonferenz.

Der aktuelle Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat sich mittlerweile von seinem Vorvorgänger distanziert. Der »Rhein-Neckar-Zeitung« sagte er, dass in Zollitsch' Amtszeit entscheidende Maßnahmen zur Missbrauchsaufarbeitung in der katholischen Kirche gesetzt worden seien. »Diese hat er selbst in seinem Bistum offenbar in derselben Zeit nicht angewandt und übergangen«, so Bätzing weiter.

Er finde das verantwortungslos und sei ratlos, wie das habe passieren können. Offensichtlich habe wirksame Kontrolle gefehlt. Bätzing könne sich nicht vorstellen, dass Zollitsch jemals noch öffentlich auftrete. »Das wäre auch nicht angemessen.«

Die Vorsitzende des Betroffenenbeirats, Vollmer, sagte zur Entscheidung Zollitsch', sein Bundesverdienstkreuz und andere hohe Auszeichnungen zurückzugeben: Das sei ein überfälliger Schritt gewesen. »Eigentlich hätte die Politik nach dem Bericht reagieren und ihm (Zollitsch) verliehene Würdigungen zurücknehmen müssen. Leider ist von den Politikern bislang wenig bis nichts zu hören, was ebenfalls Bände spricht und Raum für Interpretation lässt«, sagte Vollmer.

Die Vorsitzende begrüßte die Entscheidung der Freiburger Bistumsleitung, am Sitz von Erzbischof Stephan Burger Porträts von Zollitsch und seines Amtsvorgängers Oskar Saier zu entfernen. Auch zu Saier fiel die Bewertung der unabhängigen Rechtsexperten äußerst kritisch aus.

Der Betroffenenbeirat hatte die Entfernung gefordert. Es gebe aber sicher noch weitere Porträtbilder von Zollitsch und Saier in kirchlichen und öffentlichen Räumen, die abgehängt werden müssten, sagte Vollmer. Sie sprach von einem »ersten Schritt«.

Das Betroffenengremium gibt es erst seit knapp zwei Jahren. Die zwei Männer und zwei Frauen sollen unabhängig von der Erzdiözese arbeiten und Ansprechpartner für Betroffene sein. Mit rund 1,8 Millionen Katholiken gehört das Erzbistum zu den größten der 27 Diözesen in Deutschland.

Zollitsch hatte bereits im Oktober in einem Video schwerwiegende Fehler und persönliche Schuld eingeräumt. Schon vor der Veröffentlichung des Berichts kündigte er über einen Sprecher an, sich nicht zu dem Abschlussbericht äußern zu wollen.

Ein Autor des Berichts hatte gesagt, Zollitsch habe als damaliger Erzbischof alles unterlassen, was kirchenrechtlich vorgeschrieben gewesen wäre. Eigentlich verpflichtende Meldungen von Missbrauchsfällen nach Rom seien unterblieben.

Bätzing sagte, Rom müsse beurteilen, wie die Ergebnisse des Gutachtens über Erzbischof Zollitsch einzuordnen seien - »und unter Umständen sanktioniert werden müssen«.

Erzbistum Freiburg

Seite Aufklärungskommission mit Bericht

Internetseite Robert Zollitsch

© dpa-infocom, dpa:230423-99-416076/4