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Kassen warnen: Immer mehr Fehltage durch seelische Leiden

Ob an den Fließbändern, bei der Bahn, im Schulunterricht oder bei Operationen: Der hohe Krankenstand im Südwesten macht vielen Arbeitgebern Schwierigkeiten. Schuld daran ist allerdings keineswegs die typische Erkältung zum kühlen Jahresende.

Depression
Ein Mann steht mit einem Regenschirm auf einem Bootsanleger am Starnberger See. Foto: Victoria Bonn-Meuser
Ein Mann steht mit einem Regenschirm auf einem Bootsanleger am Starnberger See.
Foto: Victoria Bonn-Meuser

Halsschmerzen, Husten und Schnupfen, Corona und vor allem Ängste, Neurosen und Depressionen: Landesweit meldet die DAK einen der höchsten Krankenstände seit vielen Jahren unter den bei ihr ganzjährig versicherten Beschäftigten. Grund seien weniger die Infektionen in der Pandemie oder die für die Jahreszeit typischen Atemwegserkrankungen, teilte die Krankenkasse mit. Vielmehr hätten seelische Beschwerden die Zahl der Ausfalltage allein für diese Diagnosen im dritten Quartal in die Höhe schnellen lassen. Sie nahm um 48 Prozent im Vergleich zum zweiten Vierteljahr zu. »Der höchste Stand seit Pandemie-Beginn in Baden-Württemberg«, sagte Siegfried Euerle, Landeschef der DAK-Gesundheit.

»Der starke Anstieg über die Sommermonate ist ungewöhnlich und alarmierend«, sagte er weiter. Die Infektionszahlen und die akuten Corona-Sorgen seien in den ausgewerteten Monaten Juli, August und September hingegen kleiner geworden.

Auch die Zahl der Fehltage insgesamt ist nach DAK-Angaben in Baden-Württemberg im dritten Quartal deutlich gestiegen. Der Krankenstand nahm laut DAK von 3,0 Prozent im zweiten Quartal auf 4,1 Prozent zu. »Damit fehlten von 1000 Beschäftigten im Südwesten von Juli bis September täglich durchschnittlich 41 bei der Arbeit«, sagte Euerle. Mit Ausnahme des ersten Quartals 2022 lag der Anteil der Fehltage mindestens seit Anfang 2018 weit unterhalb diese Marke.

Versicherten schmerzt auch immer häufiger der Rücken. Muskel-Skelett-Erkrankungen haben laut DAK im dritten Vierteljahr um 41 Prozent und Atemwegserkrankungen um 29 Prozent zugenommen. »Zusammen entfielen auf diese drei Diagnosegruppen jeder zweite Fehltag im Land«, hieß es. Die Fehlzeiten aufgrund von Corona gingen dagegen weiter zurück: Ihr Anteil am gesamten Krankenstand betrug im dritten Quartal lediglich 3,8 Prozent. Im ersten Quartal waren es noch 11,9 Prozent, im zweiten 7,0.

Die Zahlen entsprechen dem Trend der anderen großen baden-württembergischen Krankenkassen, der Techniker und der Barmer. Barmer-Landeschef Winfried Plötze hatte bereits zuvor gesagt, die psychischen Belastungen und auch die Zahl der entsprechenden Krankentage könnten durch die aktuell stark steigenden Preise für Energie und Lebensmittel sowie durch die Inflation weiter steigen: »Krisen sind immer auch eine Belastung für die Gesellschaft.« Der Südwesten stehe im Vergleich zu anderen deutschen Regionen aber noch am besten da. Denn das Einkommen und die Lebensqualität sind vergleichsweise hoch, die Arbeitslosigkeit dagegen ist vergleichsweise gering, wie Plötze betonte.

Die DAK-Gesundheit ist nach eigenen Angaben eine der größten Krankenkassen Deutschlands, sie versichert rund 630.000 Menschen in Baden-Württemberg. Für die Fehlzeiten-Analyse wurden laut DAK die Daten von mehr als 250.000 erwerbstätigen Mitgliedern der DAK-Gesundheit in Baden-Württemberg für die Monate Juli, August und September durch das IGES Institut ausgewertet.

© dpa-infocom, dpa:221029-99-306030/3