Umstellung für Millionen Beschäftigte: Der Siegeszug der Künstlichen Intelligenz in den Unternehmen verändert die Jobs in Deutschland massiv. Umfragen zeigen Sorgen, aber auch positive Erwartungen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lotete auf einer Sommerreise die Umstellungen und Risiken für Millionen Beschäftigte aus. Die Menschen stimmte Heil auf den Wandel ein: Dort, wo Jobs automatisiert würden, sei berufliche Neuorientierung nötig.
Beispiel Handel, Banken und Versicherungen: Auch anspruchsvolle Arbeit sei in diesen Bereichen in großem Stil vom Durchmarsch der Künstlichen Intelligenz (KI) betroffen. In der Industrie hingegen falle die Arbeit unterm Strich nicht weg, so Heil. Doch auch hier: Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer änderten sich die Anforderungen.
Ängste und Erleichterungen
Nach einer repräsentativen Umfrage von Bitkom Research fühlen sich 41 Prozent der Menschen in Deutschland von digitalen Technologien häufig überfordert. Für 85 Prozent machen digitale Technologien und Anwendungen ihr Leben nach eigenen Angaben aber leichter. Knapp jede und jeder Vierte macht sich einer weiteren Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young zufolge Sorgen darüber, durch Maschinen oder Technologien ersetzt zu werden. Laut einer Studie des McKinsey Global Institute könnten bis 2030 in Deutschland bis zu drei Millionen Jobs von einer Veränderung durch KI betroffen sein.
Roboter statt Erntehelfer
Heil ließ sich vor Augen führen, was KI heute im Betrieb heißen kann - etwa auf einem Obstbaubetrieb in Baden, wo Hightech für Beschattung und Energie aus Solarmodulen zuständig ist. Das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen zeigte, auf was es bei der Entwicklung von Ernterobotern ankommt: Ein gelber Roboter, eine Art Riesenkäfer auf Metall, stakste noch ungelenk über ein Probefeld.
»Wie lange dauert es, bis das kein Prototyp mehr ist«, fragte Heil. Max-Planck-Gruppenleiter Dieter Büchler antwortete, es dauere noch, bis der Roboter zum Beispiel Erdbeeren am Boden, teils von Blättern verdeckt, pflücken könne. Heute würden Feldfrüchte oft so gezogen und angebaut, dass die Maschinen sie leichter erreichen können. Doch - so der Forscher - die Entwicklung gehe rasant. Die Techniker bringen den Maschinen menschliche Bewegungen bei. Auch Erdbeeren am Boden seien wohl bald kein Problem mehr. Prognosen über die Wucht der Veränderungen seien wegen des Tempos des Wandels kaum möglich. »Es kann gut sein, dass wir erst am Anfang der Entwicklung sind«, so der Tübinger Forscher.
Lernende Computer-Systeme überall: In kaum einem Bereich bleibt KI außen vor, wie Heil sagt. Kaum ein Kinofilm und kaum eine komplexere ärztliche Diagnose gibt es ohne neuste Technologie. Dominieren die Chancen oder die Risiken? Heil meint, die Möglichkeiten für Fachkräftesicherung und eine »Humanisierung der Arbeitswelt« könnten durch KI steigen. Er kündigte neue Datenschutz-Regeln für Beschäftigte an. Das entsprechende Gesetz solle Unternehmen und Beschäftigten klar sagen, was erlaubt sei und was nicht - geboten sei etwa absoluter Datenschutz bei Gesundheits- und Vitaldaten.
Heil: Alle Beschäftigten bekommen mit KI zu tun
Auch künftig dürfte menschliche Arbeit in einigen Bereichen unersetzlich sein. Heil machte dafür auf Gesundheit, Bildung und Pflege aufmerksam. Aber auch da halte KI Einzug - »zum Beispiel, um eine Pflegekraft von Dokumentationspflichten durch Spracherkennungssysteme zu entlasten«. Heil: »Wir werden erleben, dass bis 2035 praktisch jeder Job in der einen oder anderen Weise mit Künstlicher Intelligenz zu tun hat - auf unterschiedliche Art.«
Offen ist noch, wo die ganzen benötigten IT-Experten, Programmierer und Programmiererinnen herkommen sollen. Heil verwies auf den großen Anteil junger Inderinnen und Inder unter allen, die in Deutschland im Bereich KI promovieren. »Da ist noch viel mehr von uns zu holen«, kündigte der Arbeitsminister an. Menschen aus Indien sollten künftig gezielter aus Deutschland angesprochen werden. Bereits vor rund einem Jahr waren Heil und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Indien auf Charmeoffensive. Es soll nicht die letzte Anwerbeaktion in dem Land sein, in dem es anders als in Deutschland so viele junge Leute gibt, dass sie gar nicht alle auf dem heimischen Arbeitsmarkt unterkommen können.
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