STUTTGART. Nach den schweren Krawallen in der Stuttgarter City vor zwei Wochen hat OB Fritz Kuhn (Grüne) angekündigt, neben der Sicherheitslage in der Stadt auch das Thema Integration stärker in den Fokus zu nehmen. Die Frage, ob im Bereich des Eckensees ein Alkoholverbot ausgesprochen wird, werde erst in zwei bis drei Wochen entschieden. Und ob Videoüberwachung in diesem Bereich ein probates Mittel sein könnte, will man auch mit Fachleuten aus Freiburg klären.
Beim Thema Integration will Kuhn in den Verwaltungsbereichen Soziales, Integration und Jugendhilfe prüfen lassen, welche Effekte die bisherigen Projekte haben. »Wo sind wir gut, wo nicht, wo muss man nachbessern?«, fragte der Oberbürgermeister. »Und erreichen wir auch die jungen Männer?«, formulierte Kuhn die Fragestellung mit Blick auf die Ausschreitungen. Ein Großteil der in der Krawallnacht Festgenommenen waren junge Männer mit Migrationshintergrund, darunter auch etliche Geflüchtete. Bei der Prüfung solle auch geklärt werden, ob in den Integrationskursen neben der Sprache in ausreichendem Maße die Themen Rechtsstaatlichkeit und staatliches Gewaltmonopol vermittelt würden.
Der Oberbürgermeister hält aber auch nach den Krawallen ein allgemein negatives Urteil über die bisherigen Integrationsanstrengungen für nicht gerechtfertigt. Stuttgart habe in den vergangenen Jahrzehnten »eine ganze Reihe von Integrationserfolgen vorzuweisen – die werden auch durch diese Ausschreitungen nicht nivelliert«. Schon heute seien viele Sozialarbeiter und Streetworker in der Stadt im Einsatz – »wohl so viele wie in kaum einer anderen Stadt«, so Kuhn. Aber auch in Großstädten wie Stuttgart mit guter Integrationsarbeit gebe es »noch Bedarfe«.
»Kann die Polizeidie Alkoholverbote durchsetzen?«
Die Randale in der City, bei der die Einsatzkräfte der Polizei angegriffen, etliche Beamte verletzt, Geschäfte beschädigt und zum Teil geplündert wurden, einseitig als eine Folge mangelnder Integration bestimmter Gruppen zu erklären sei »zu kurz gegriffen«, ist der OB überzeugt. »Man kann nicht alles auf eine Ursache zurückführen.« Und: »Auch Jugendliche ohne migrantischen Hintergrund können ein Integrationsproblem haben«, sagte Kuhn. So seien ein zunehmender Mangel an Respekt und Angriffe auf Polizei und andere Rettungskräfte ein europaweites Problem in unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen. Die Frage sei auch, wie sich die Stimmungslage in den USA nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch Polizeibeamte hier ausgewirkt habe. Und etliche der 34 bisher festgenommenen Randalierer standen deutlich unter Alkoholeinfluss.
Zu einer möglichen Videoüberwachung sagte Kuhn: »Darüber werden wir sprechen und rasch entscheiden.« Und man überlege, ob ein »temporäres Alkoholverbot« helfe. »Aber es bleibt die Frage: Kann es die Polizei durchsetzen? Wir sollten da auch keinen Flop produzieren«, warnte der OB. (GEA)