Logo
Aktuell Land

In Pandemie weniger betrunkene Kids und Teenies in Klinik

Während der Lockdowns ist der Einbruch leicht zu erklären: Wenn Jugendliche keine Freunde treffen dürfen, betrinken sie sich seltener, und kommen auch seltener mit einem Rausch ins Krankenhaus. Doch auch im zweiten Pandemiejahr überraschen die Klinik-Statistiken.

Alkohol
Verschiedene alkoholische Getränke stehen auf einem Tisch. Foto: Silas Stein
Verschiedene alkoholische Getränke stehen auf einem Tisch.
Foto: Silas Stein

Auch im zweiten Pandemiejahr haben sich weniger Jugendliche als früher so sehr betrunken, dass sie von einem Arzt und im Krankenhaus behandelt werden mussten. Damit hat sich die Entwicklung aus dem ersten Pandemiejahr fortgesetzt. Nach Angaben der DAK-Gesundheit landeten 2021 erneut deutlich weniger Kinder und Jugendliche zum Ausnüchtern nach einem Vollrausch in einer baden-württembergischen Klinik. Insgesamt seien 1453 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 13 und 20 Jahren behandelt worden, im Jahr zuvor waren es laut DAK 1564 Jungen und Mädchen.

Das ist zwar eine hohe Zahl, doch sie ist immer noch deutlich geringer als im Jahr vor Corona: 2019 mussten fast doppelt so viele Kinder und Jugendliche (2517) stationär behandelt werden, 773 von ihnen waren Jungen und 660 Mädchen.

Die DAK, die auf Zahlen des Statistischen Landesamtes verweist, erklärt sich den Rückgang vor allem durch die Corona-Einschränkungen. Auch 2021 habe es in Baden-Württemberg noch zahlreiche Pandemie-Folgen für das öffentliche Leben gegeben wie etwa die nächtliche Ausgangssperre, die »Geisterspiele« im Fußball, das Fehlen von Weihnachtsmärkten oder geschlossene Clubs. »Vermutlich hatte dies auch 2021 einen erheblichen Einfluss auf das Trinkverhalten der Kinder- und Jugendlichen«, schätzt ein DAK-Sprecher. Zahlen für das vergangene Jahr liegen noch nicht vor.

Die Entwicklung der Rauschtrinker-Zahlen sei erfreulich, sagt Siegfried Euerle, Landeschef der DAK-Gesundheit. »Trotzdem dürfen wir jetzt nicht die Hände in den Schoß legen. Wir müssen wachsam und aktiv bleiben.« Kinder und Jugendliche im Südwesten müsste weiter für die Gefahren von exzessivem Alkoholkonsum sensibilisiert werden.

Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) nennt den Rückgang der Klinikbehandlungen »ein gutes Zeichen«. Er fordert aber auch dazu auf, die Problematik des Rauschtrinkens bei Kindern und Jugendlichen sehr ernst zu nehmen, weiter aufzuklären und zu informieren.

Mit der Präventionskampagne »bunt statt blau« setzt sich die DAK Gesundheit gegen exzessiven Alkoholkonsum ein, bei dem Jugendliche binnen weniger Stunden so viel Alkohol trinken, bis sie einen gefährlichen Vollrausch haben. Lucha ist Schirmherr der Aktion, die das Thema in die Schulen bringt. Schon seit 14 Jahren werden bei der Kampagne neben Unterrichtseinheiten über die Gefahren übermäßigen Alkoholkonsums auch die besten Plakatideen von Schülerinnen und Schülern zum Thema Rauschtrinken gesucht.

Alkohol sei als Genussmittel kulturell in Deutschland fest verankert, argumentiert zudem Sabine Knapstein, Ärztin bei der AOK Baden-Württemberg. »Der Konsum von Alkohol hat jedoch auch gesundheitsgefährdendes Potenzial«, warnt sie. Vor allem Rauschtrinken sei ein gesundheitlich besonders riskantes Trinkverhalten. Es könne akute Schäden wie Alkoholvergiftungen und Verletzungen sowie Gewalt zur Folge haben. »Langfristig betrachtet, sind Alkoholabhängigkeit und organische Schäden möglich«, fasst Knapstein zusammen.

Auch Zahlen der AOK belegen den leichten Rückgang der Zahlen im zweiten Pandemiejahr: 2020 mussten 746 bei der AOK Versicherte im Alter von weniger als 20 Jahren wegen einer Alkoholvergiftung als wesentliche oder als Nebendiagnose stationär behandelt werden, im Jahr danach waren es 689 in dieser Altersgruppe.

DAK-Aktion »bunt statt blau« gegen Komasaufen

© dpa-infocom, dpa:230104-99-96343/4