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Immer weniger Christen im Südwesten

Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist bekennender Katholik. Doch der Kreis seiner Glaubensgenossinnen und -genossen schrumpft. Die Kirchen in Baden-Württemberg haben aktuelle Zahlen veröffentlicht.

Katholische Kirche
Ein katholischer Bischof hält während einer Messe ein Kreuz in den Händen. Foto: Peter Kneffel
Ein katholischer Bischof hält während einer Messe ein Kreuz in den Händen.
Foto: Peter Kneffel

Im Zuge von Missbrauchsgutachten und steigenden Zahlen bei Taufen zum Trotz leben in Baden-Württemberg immer weniger Katholikinnen und Katholiken. Mit rund 1,714 Millionen Gläubigen Ende 2021 war die Diözese Rottenburg-Stuttgart zwar die drittgrößte in Deutschland nach Köln und Münster. Die Zahl der Kirchenaustritte lag nach Angaben von Montag aber mit 28.212 auf Rekordhoch. In der Erzdiözese Freiburg traten im vergangenen Jahr laut Mitteilung 30.043 Menschen aus der Kirche aus. 2020 seien es 19.665 gewesen. Etwa 1,710 Millionen Katholiken leben hier im viertgrößten Bistum Deutschlands. Die evangelischen Kirchen im Südwesten hatten im März ebenfalls von sinkenden Zahlen berichtet.

Die Austrittszahlen spiegeln aus Sicht des Rottenburger Bischofs Gebhard Fürst »die tiefe Krise wider, in der sich unsere Kirche nicht nur wegen des Missbrauchsskandales befindet«. Dass Parteien, Verbände und Gewerkschaften seit Jahren massiv Mitglieder verlieren, »kann für uns als Kirche kein Trost sein – das tut einfach sehr, sehr weh!«

Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger erklärte: »Jeder einzelne Austritt schmerzt mich.« In Zeiten von Krieg, Pandemie und globalen Krisen sei das Bedürfnis der Menschen nach Hoffnung, Orientierung und Halt so groß wie lange nicht mehr. »Versuchen wir als Kirche bei allen Problemen, die uns derzeit beschäftigen, trotzdem den Menschen ein demütiger, erfahrener und liebevoller Begleiter auf der Suche nach Gott und dem Sinn des Lebens zu sein.«

Auch bundesweit sind die Austrittszahlen auf Rekordniveau: Mit 359 338 Katholiken kehrten 2021 so viele wie nie ihrer Kirche den Rücken, wie die Deutsche Bischofskonferenz in Bonn mitteilte. Als wichtiger Grund wurden Versäumnisse und Fehler bei der Aufarbeitung der Fälle sexuellen Missbrauchs genannt. Auch die Diözese Rottenburg-Stuttgart, die schon 2003 eine unabhängig arbeitende Kommission einsetzte, sei für Probleme andernorts in Haftung genommen worden. »Klar ablesbar daran, dass nach Veröffentlichung der Missbrauchsgutachten in Köln und München 2021/2022 auch in der Diözese Rottenburg-Stuttgart im Folgemonat die Austrittszahlen in die Höhe schnellten.«

Die Kirchen betonten ihre Angebote als Träger von Kindertageseinrichtungen, Bildungswerken, Büchereien, Schulen des zweiten Bildungswegs und Fachschulen für Sozialpädagogik. Hunderttausende Ehrenamtliche engagierten sich für die Gesellschaft.

Der Mitgliederschwund beschäftigt auch die von Missbrauchsskandalen weniger betroffenen evangelischen Kirchen in Baden-Württemberg: Die Landeskirche in Württemberg verzeichnete Ende Dezember noch 1.869.199 Mitglieder, jene in Baden 1.062.742. Neben Kirchenaustritten sind Todesfälle Gründe für den Rückgang. Taufen, Eintritte und Wiederaufnahmen können dies nicht ausgleichen, auch wenn die Zahlen teilweise im Vergleich zu den Corona-Jahren hier wieder steigen.

Mitteilung aus Rottenburg

Mitteilung aus Freiburg

© dpa-infocom, dpa:220627-99-816985/3