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Illegale Hochzeitskorsos halten die Polizei auf Trab

Nach dem Ja-Wort geben sie Gas, blockieren die Fahrbahn und ballern mit ihren Schreckschusspistolen aus dem Fenster: Die Zahl illegaler Hochzeitskorsos im Land steigt. Die Polizeigewerkschaft ist besorgt.

Hochzeitskorso
Eine Polizistin steht vor den Fahrzeugen eines Hochzeitskorsos. Foto: Thomas Kraus
Eine Polizistin steht vor den Fahrzeugen eines Hochzeitskorsos.
Foto: Thomas Kraus

Jubelschüsse in die Luft, Blockade des Verkehrs, Ignorieren von roten Ampeln: Mit dem Abflauen der Pandemie hat auch die Zahl problematischer Hochzeitskorsos im Land wieder zugenommen. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des verkehrspolitischen Sprechers der AfD-Fraktion, Miguel Klauß, hervor. Demnach haben zwischen Mai und Oktober 46 Hochzeitskorsos im Südwesten die Polizei auf den Plan gerufen. Sie wurden meist von Beobachtern angezeigt oder fielen Streifenpolizisten direkt ins Auge, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Einer vorherigen Anfrage zufolge waren es 49 - allerdings für den mehr als doppelt so langen Zeitraum von März 2021 bis April 2022.

Zum Anstieg der Fallzahlen sei anzumerken, dass »pandemiebedingt im vorhergehenden Betrachtungszeitraum insgesamt weniger Hochzeiten stattfinden konnten«, schreibt Staatssekretär Wilfried Klenk in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Polizei erfasste mehrere Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, etwa Ruhestörung, Nötigung im Straßenverkehr und Verstöße gegen das Waffengesetz. Bei mehr als der Hälfte der Fälle stellten die Beamten eine türkische Nationalität der Teilnehmer fest, bei der anderen Hälfte blieb die Nationalität unbekannt. Mehrheitlich hätten die Teilnehmer dieser Korsos »sicherlich einen anderen kulturellen Hintergrund«, sagte der Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch.

Immer wieder kommt es nach Angaben des Ministeriums vor, dass Korsofahrer nicht nur hupen und ihr Warnblinklicht aktivieren, sondern über rote Ampeln und Stoppschilder rasen, mit Schreckschusswaffen aus dem Fenster schießen, durch langsames Fahren oder Blockaden den Verkehr ausbremsen und andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Erst vor wenigen Tagen stoppte die Karlsruher Polizei einen Hochzeitskorso auf der A5, weil mehrere Sportwagen den Verkehr wiederholt bis zum Stillstand heruntergebremst hatten. Den Fahrern drohten nun Ermittlungsverfahren wegen Nötigung und gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr.

Dennoch gehe die Polizei stets verhältnismäßig vor, sagte der Sprecher. »Wenn beim Start von Standesamt oder Kirche mal gehupt wird, ist das in Ordnung.« Das Hupen sollte aber aufs minimale Maß beschränkt sein. Auch Korsos nach Fußballspielen würden entsprechend kontrolliert. »Im Zweifel hält die Polizei Teilnehmer an.«

Den Beamten sind aber in den meisten Fällen trotz aller Appelle und Drohungen die Hände weitgehend gebunden. Wenn die Polizei informiert wird über Verstöße, ist das Treiben häufig schon wieder vorbei. Im Nachhinein sei es dann schwierig, die einzelnen Fahrzeuge mutmaßlichen Vergehen zuzuordnen und die Fahrer zu identifizieren, sagte der Sprecher.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft sieht die Entwicklung kritisch. »Wir sehen das mit großer Sorge, das sind teils Rituale aus anderen Ländern, die bei uns übernommen werden«, sagte Gewerkschaftschef Ralf Kusterer der dpa. So würden mitunter Waffen mitgeführt, um aus Jubel in die Luft zu schießen. Das seien Rituale aus anderen Ländern, die dort sicher ihre Historie hätten, sagte Kusterer. »Aber wir müssen auf die Einhaltung der Gesetze achten.« Bei Fällen, wo ein Korso auf der Autobahn anhalte, um eine Hochzeit zu feiern, handle es sich um schwerwiegende Eingriffe in den Straßenverkehr. Mit Blick etwa auf Autokorsos bei Weltmeisterschaften sagte er, er finde nicht, dass mit zweierlei Maß gemessen werde.

Die Polizei müsste mit aller Konsequenz dagegen vorgehen und sich taktisch und strategisch besser auf solche Korsos vorbereiten, sagte Kusterer. So gebe es nun etwa die Dashcam für Einsatzfahrzeuge der Polizei, mit der eine bessere Beweissicherung möglich sei.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland wollte sich zu dem Thema am Mittwoch nicht äußern.

© dpa-infocom, dpa:221123-99-625921/5