Wer pflegebedürftig ist und Hilfe braucht, soll nach Vorstellungen des baden-württembergischen Sozialministeriums künftig leichter Unterstützung bekommen. Es will den Zugang für ehrenamtliche Helfer für zu Hause lebende Pflegebedürftige einfacher gestalten. Die bisher obligatorische Schulung für die Ehrenamtlichen im Südwesten soll gestrichen werden, wie Sozialminister Manne Lucha (Grüne) in einem Brief an den FDP-Abgeordneten Jochen Haußmann (FDP) ankündigte.
Pflegebedürftigen Menschen steht ein sogenannter Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro im Monat zur Verfügung. Die Summe wird ab Pflegegrad 1 ausbezahlt und wird von der Pflegekasse finanziert. Das Geld ist für Leistungen bestimmt, die es den Pflegebedürftigen ermöglichen, so lange wie möglich selbstständig zu Hause zu leben. Das Geld ist für die Unterstützung bei Alltagsleistungen bestimmt.
Lucha sagte, ohne die vielen engagierten Bürgerinnen und Bürger gehe es nicht. »Um den Zugang zu den Unterstützungsangeboten zu erleichtern und potenziell ehrenamtlich Engagierte zu motivieren, wird die Schulungsanforderung künftig entfallen.« Er sei überzeugt davon, dass jeder und jede Engagierte in eigener Verantwortung am besten beurteilen könne, ob er oder sie Extra-Schulungen benötige, um Hilfe und Unterstützung zu leisten. Zu viel Bürokratie sei hier hinderlich.
Bislang umfasst die Schulung nach Angaben des Sozialministeriums 30 Stunden, sie hat unter anderem Wissen über Krankheitsbilder zum Inhalt. Es könnten Vorerfahrungen und Vorkenntnisse angerechnet werden, wenn etwa eine Altenpflegerin in Rente geht und sich ehrenamtlich im Vor- und Umfeld von Pflege engagiert, dann sind keine Schulungen mehr erforderlich, da ja schon viel Vorwissen gegeben sei.
Haußmann sagte, er sei sehr zuversichtlich, dass die Absenkung der bürokratischen Hürden jetzt zur Verstärkung des Einsatzes von mehr Helferinnen und Helfer für Pflegebedürftige im Alltag und durch nachbarschaftliche Unterstützung sorgen werde. Der Entlastungsbetrag sei insbesondere für die Unterstützung in der häuslichen Pflege eine niedrigschwellige Unterstützung. »In Baden-Württemberg führen die bisherigen Regelungen dazu, dass der Entlastungsbetrag oft nicht in Anspruch genommen wird.«
Nach Angaben der Pflegestudie des Sozialverbands VdK nutzen nur 23 Prozent der anspruchsberechtigten Pflegebedürftigen in Baden-Württemberg den Entlastungsbetrag. Wegen der komplizierten Regelungen wurde er aber von Menschen mit niedrigen Pflegegraden fast gar nicht genutzt, beim Pflegegrad 1 von weniger als 5 Prozent. Mobile Soziale Dienste hätten den Entlastungsbetrag lediglich zusätzlich bei Pflegebedürftigen abgerechnet, die sie bereits betreuten, dann aber mit Stundensätzen von 60 bis 70 Euro, teilte der VdK weiter mit. Landeschef Hans-Josef Hotz sagte: »Wir werden die Verordnung bis zu ihrer Umsetzung konstruktiv und gegebenenfalls kritisch begleiten und wünschen uns, dass man den Entlastungsbetrag auch im Rahmen eines Minijobs verwenden kann.«
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