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Heimlicher Telefon-Mitschnitt wird im Polizei-Prozess gehört

Im Prozess um sexuelle Nötigung gegen den ranghöchsten Polizisten des Landes hat der Richter ein heimlich aufgenommenes Telefongespräch als Beweismittel zugelassen. Es soll helfen bei der Aufklärung der Frage, ob der Inspekteur der Polizei seine Machtstellung missbraucht hat, um eine junge Kommissarin zu sexuellen Gefälligkeiten zu drängen. Das Gericht entschied am Freitag, dass der Mitschnitt verwertet werden darf. Die Verteidigung des Inspekteurs beantragte aber mit Erfolg, dass der Mitschnitt unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehört wird.

Gerichtsmikrofone
Mikrofone und Kopfhörer auf einem Tisch in einem Gerichtssaal. Foto: Jonas Walzberg
Mikrofone und Kopfhörer auf einem Tisch in einem Gerichtssaal.
Foto: Jonas Walzberg

Der Inspekteur der Polizei soll eine zur Tatzeit 32 Jahre alte Polizistin im November 2021 vor einer Kneipe sexuell genötigt haben. Wenige Tage später hatte die junge Kommissarin ein Video-Telefonat mit dem Inspekteur heimlich mit dem Handy mitgeschnitten, in dem es auch um besagten Abend ging. In dem Telefonat soll er versucht haben, sie zur Aufnahme einer privaten Beziehung zu bewegen. Mit der Aufnahme wendete die Polizistin sich später an ihre Vorgesetzten.

Die Verteidigerin des Inspekteurs hatte auf ein sogenanntes Beweisverwertungsverbot gepocht, weil sich die Polizistin mit der heimlichen Aufnahme strafbar gemacht habe.

Nach Ansicht von Richter Volker Peterke ist der 55 Minuten lange Mitschnitt jedoch verwertbar, weil die Polizistin das Gespräch als Privatperson aufgenommen habe und es auch inhaltlich vor allem um private Themen gegangen sei. Auch wenn der Inspekteur das von der Anzeigenerstatterin angestrebte Geständnis in dem Video nicht getätigt habe, könne der Mitschnitt dazu dienen, die Glaubhaftigkeit der Polizistin zu beurteilen, so der Richter - vor allem weil Aussage gegen Aussage stehe. Das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung überwiege die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten.

Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt mit der erneuten Vernehmung von Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz. Sie trank kurz vor der Kneipentour im November 2021 im Innenministerium mit dem Inspekteur und der Polizistin Sekt.

Landgericht Stuttgart

© dpa-infocom, dpa:230505-99-573388/3