Mit vollen Auftragsbüchern und steigenden Gewinnen setzt der Waffenhersteller Heckler & Koch seinen Wachstumskurs fort. Der Umsatz sei im ersten Halbjahr um rund neun Prozent auf 156,1 Millionen Euro gestiegen, teilte die Firma am Mittwoch in Oberndorf bei ihrer Hauptversammlung mit. Der Gewinn schnellte sogar um rund 40 Prozent (4,5 Millionen Euro) auf 16 Millionen Euro in die Höhe. Als einen Grund für die besseren Zahlen nannte Vorstandschef Jens Bodo Koch effizientere Arbeitsabläufe. Auch der starke Dollar wirkte sich positiv aus - HK macht einen Großteil seines Geschäfts in den USA, im vergangenen Jahr lag der US-Umsatzanteil bei 41 Prozent.
Die Perspektiven des Konzerns sind allerdings etwas eingetrübt. Denn in der zweiten Jahreshälfte werden sich Energie- und Rohstoffkosten stärker bemerkbar machen als bisher. »Wir werden den Umsatz und den Gewinn des Vorjahres übertreffen, in der zweiten Jahreshälfte 2022 wird sich das Wachstum allerdings normalisieren«, sagte Manager Koch.
Er gab eine Reihe von Geschäftserfolgen bekannt, so wurden zum Beispiel Maschinengewehre an die spanische Armee verkauft. Die Folgen des Ukraine-Krieges und der schon davor existierenden Spannungen mit Russland machten sich auch in den HK-Auftragsbüchern bemerkbar. Aus Norwegen, Litauen und Lettland kamen Sturmgewehr-Bestellungen.
Fast sicher hat der Rüstungskonzern einen Großauftrag des Bundes über 120 000 Sturmgewehre eines neuen Modells, welches das G36 ersetzen soll. In einem Rechtsstreit zog Konkurrent Haenel den Kürzeren. Damit Heckler & Koch den Auftrag bekommt, fehlt nur noch grünes Licht aus dem Bundestag. Danach werden Testwaffen produziert, die in der Truppe erprobt werden. Die Auslieferung der ersten serienmäßig hergestellten neuen Sturmgewehre wird Ende 2024 erwartet, die schrittweise Einführung wird mehrere Jahre dauern.
Heckler & Koch ist der größte deutsche Hersteller von sogenannten Kleinwaffen - damit gemeint sind Waffen, die man alleine tragen kann, also Sturmgewehre, Maschinengewehre, Pistolen und Granatwerfer. Zu den Konkurrenten gehören neben Haenel aus Thüringen Beretta aus Italien, Sig Sauer aus den USA, FN Herstal aus Belgien und das tschechische Unternehmen CZG, das 2021 die US-Firma Colt übernahm.
Beim Online-Aktionärstreffen gab es auch eine schlechte Nachricht für HK. Kurz vor Beginn der Versammlung hatte das Landgericht Stuttgart eine Pressemitteilung verschickt, derzufolge Beschlüsse der Hauptversammlung 2021 für nichtig erklärt worden waren. Hierbei geht es um Nachwehen eines längst entschiedenen Machtkampfes, den zwei Großaktionäre 2019 und 2020 geführt hatten, der Deutsche Andreas Heeschen und die Luxemburger Finanzholding CDE, hinter der der Franzose Nicolas Walewski steht. Strittig war, wann genau die Stimmrechtsmehrheit von Heeschen an die CDE überging.
Wäre dies später erfolgt als bisher angenommen, hätte Heeschen seinen Aufsichtsratsposten im Jahr 2020 nicht eingebüßt. Auf der HV ein Jahr später hatte die Firma sich diese Entscheidung bestätigen lassen. Diese Entscheidung erklärte das Landgericht aber für ungültig. Grund war, dass die Eigentumsverhältnisse zum damaligen Zeitpunkt aus der Sicht des Gerichts nicht transparent dargestellt worden waren. Erst im Juni 2022 waren weitere mittelbare Mehrheitsbeteiligungen bekanntgegeben worden, die alle mit der CDE in Verbindung stehen. Diesen Mitteilungspflichten hätte man viel früher nachgekommen müssen, so das Gericht.
Auswirkungen hat die Gerichtsentscheidung zunächst keine. Denn bei der Hauptversammlung an diesem Mittwoch wurden Firmenbeschlüsse der Vergangenheit nochmals bestätigt, um Fehler nachträglich zu korrigieren. Ein namentlich nicht genannter Aktionär ließ in einer vom Vorstand vorgelesenen Frage aber durchblicken, dass er auch gegen die Hauptversammlungsbeschlüsse vom Mittwoch klagen werde.
Der Rechtsstreit mag zwar keine weitreichende Folgen haben für HK, eine teure Sache ist er aber. Finanzchef Björn Krönert bezifferte die Kosten des Rechtsstreits für seine Firma auf 500.000 Euro. Auf den Inhalt des Stuttgarter Beschlusses wollte Krönert nicht eingehen, da dieser noch nicht zugestellt worden sei. Der Kläger Heeschen war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Krönert schränkte die Bedeutung den Stuttgarter Beschluss auch mit einem Hinweis auf ein separates Verfahren am Frankfurter Landgerichts ein, bei dem die zuständige Kammer die Aktienübertragung von Heeschen an die CDE als rechtmäßig gewertet habe.
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