Die Spitzen der grün-schwarzen Koalition haben sich auf den Doppelhaushalt 2023/2024 und die Schaffung von knapp 1700 neuer Stellen verständigt. Für den Bereich Bildung soll es 700 neue Stellen geben, darunter seien 500 für neue Lehrkräfte, teilte das Finanzministerium am Montagabend in Stuttgart mit. Die Sitzung der Haushaltskommission dauerte etwa sieben Stunden, alle Ministerinnen und Minister sollten erläutern, wofür sie zusätzliches Geld und neue Stellen brauchen. Anschließend wurden noch 340 Millionen Euro auf die Ressorts verteilt.
Die Spitzen der Koalition entschieden sich unter anderem auch dafür, den Justizvollzug deutlich zu stärken: Die meisten neuen 442 Posten im Bereich Justiz gehen dorthin. Für Innere Sicherheit sind 412 neue Stellen vorgesehen, darunter 300 für die Polizei. Weitere Posten soll es an den Hochschulen und in der Bauverwaltung geben. In den Ministerien sollen 20 neue Stellen geschaffen werden.
Zudem entschieden Grüne und CDU angesichts der Energiekrise an dem schon geplanten Risikopuffer von 1,46 Milliarden Euro festzuhalten. Wegen der hohen Inflation will das Land eine Milliarde Euro zurücklegen, hiermit sollen unter anderem steigende Baukosten beglichen werden. Der Puffer für mögliche Mindereinnahmen durch Entscheidungen des Bundes umfasst 460 Millionen Euro. Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) erklärte am Abend, dies sei auch dringend nötig. Denn durch das jüngst beschlossene Entlastungspaket des Bundes kämen noch weitere Belastungen auf das Land zu.
Die Spitzen der Koalition hatten schon vorher vereinbart, dass die Schuldenbremse wieder eingehalten werden soll. Zuletzt forderte jedoch Grünen-Landeschefin Lena Schwelling, eine Ausnahmeklausel bei der Schuldenbremse zu nutzen und kräftig in den Klimaschutz und die Verkehrswende zu investieren. CDU-Fraktionschef Manuel Hagel erklärte am Montagabend dagegen: »Indem wir klare Schwerpunkte setzen, halten wir die Schuldenbremse ein. Das haben wir versprochen und das halten wir.« Das sei die Grundlage für eine »enkelgerechte Politik«.
Allerdings könnte die Energiekrise die Pläne der Koalition im Herbst und Winter noch durchkreuzen. Bayaz rechnet schon jetzt damit, dass es im Winter kein Wachstum mehr geben wird. Komme eine schwerere Rezession durch eine Gasmangellage, dann gebe es einen erheblichen Einbruch der Steuereinnahmen. Am Montagabend erklärte er: »Ob wir noch zusätzliche finanzielle Spielräume haben, wird sich im Licht der nächsten Steuerschätzung im Oktober zeigen.« Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz ergänzte: »Die Haushaltsverhandlungen gestalten sich aktuell so schwierig wie eine Fahrt durch eine Nebelwand: Niemand kann prognostizieren, wie die Steuereinnahmen in den nächsten Jahren ausfallen werden.«
Bayaz hält es aber auch für richtig, dass das Land trotz Krise 570 Millionen Euro für politische Schwerpunkte in die Hand nimmt. »Es kommt allerdings darauf an, dass der Staat gerade auch in der Krise funktioniert.« Die Koalition will trotz Inflation, Gas-Krise und Pandemie fast 1,4 Milliarden Euro mehr ausgeben. Grüne und CDU wollen für sogenannte zwangsläufige Mehrbedarfe gut 800 Millionen Euro investieren. Dazu gehören Ausgaben für Geflüchtete, Vorsorge für die Corona-Pandemie, der Strafvollzug oder der Breitbandausbau, bei dem das Land die Förderung des Bundes kofinanzieren muss. Für politische Schwerpunkte nimmt das Land nochmal 570 Millionen Euro in die Hand.
Für die Digitalisierung in der Verwaltung sollen 150 Millionen Euro investiert werden. Für den Klimaschutz nimmt Grün-Schwarz nach eigenen Angaben 93 Millionen Euro in die Hand. Unter anderem soll es mehr Solaranlagen auf landeseigenen Gebäuden geben. Fraktionschef Schwarz sagte, man habe sich auch auf »mehr klimafreundlichen Verkehr und auf die Fortführung der Wasserstoff-Roadmap« geeinigt.
Zu den neuen Stellen im Bildungsbereich sagte der Grüne: »Mit neuem Personal stärken wir die Schulen aufgrund gestiegener Schülerzahlen, bereiten sie auf die steigende Nachfrage nach zusätzlichem Ganztagsunterricht vor und unterstützen die Schulleiter und Lehrer, indem wir ihnen beispielsweise multiprofessionelle Teams und pädagogische Assistenten zur Seite stellen.« Auch wolle man die Lehrkräfte weiterbeschäftigen, sich um die Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund kümmern.
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