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Hagel wünscht sich Landesklage gegen Wahlrechtsreform

Für CDU-Fraktionschef Hagel schreit die Wahlrechtsreform nach Verfassungsgericht - das Land solle eine Klage erwägen. Den grünen Koalitionspartner könnte das in die Bredouille bringen. Entsprechend schmallippig fällt die Reaktion aus.

Manuel Hagel
Manuel Hagel (CDU) spricht. Foto: Bernd Weißbrod
Manuel Hagel (CDU) spricht.
Foto: Bernd Weißbrod

CDU-Fraktionschef Manuel Hagel wünscht sich, dass Baden-Württemberg gegen die Wahlrechtsreform der Bundesregierung klagt. Bei der Grünen-Fraktion beißt er damit allerdings auf Granit und auch im Staatsministerium reagiert man eher verhalten. »Eine Landtagsfraktion kann nicht vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Landesregierungen können das«, sagte Hagel der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Dafür müsste die CDU aber die Grünen ins Boot holen - eine Bredouille, denn die Grünen sind im Bund in der Ampel-Regierung und somit selbst an der Reform beteiligt.

Hagel sagte nun, wenn ein Gesetz derart nach Verfassungsgericht schreie, dann erwarte er, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) alle Optionen prüfe. »Auch wenn das für so manchen Grünen schmerzhaft sein mag, Ministerpräsident Kretschmann hat ja auch schon mehrfach gezeigt, dass die Parteicouleur nicht erste Triebfeder seiner Handlungen ist«, sagte Hagel. »Diese Souveränität ist gut für unser Land. Darauf setze ich auch dieses Mal. Wenn es nach mir geht, sollte Baden-Württemberg mit Bayern zusammen klagen.«

Eine Sprecherin von Kretschmann sagte dazu am Montag: »Der Ministerpräsident hat bereits deutlich gemacht: Es ist nicht die Aufgabe der Exekutive, Wahlrechtsreformen zu machen oder zu bewerten - noch dazu solche im Bund.« Im Übrigen stehe es auch Parteien offen, den Rechtsweg zu beschreiten, sagte sie. Aus der Grünen-Fraktion hieß es, für sie sei das kein Thema. »Eine Klage gegen die Wahlrechtsreform im Bund steht nicht auf der gemeinsamen Agenda unserer Koalition«, teilte ein Sprecher mit.

In Berlin hat die Koalition aus SPD, Grünen und FDP eine Reform beschlossen, um den auf 736 Abgeordnete aufgeblähten Bundestag auf 630 Abgeordnete zu verkleinern. Nach diesem Modell kann es passieren, dass Kandidaten, die ihren Wahlkreis direkt gewonnen haben, das Mandat nicht bekommen - und zwar dann, wenn ihrer Partei nach dem Zweitstimmenergebnis weniger Sitze zustehen als sie Direktmandate geholt hat.

Leer ausgehen sollen auch Parteien, die nicht über die Fünf-Prozent-Hürde kommen. Dazu soll die sogenannte Grundmandatsklausel gestrichen werden. Bislang kommt eine Partei auch mit weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen in den Bundestag, wenn sie mindestens drei Direktmandate holt.

Die bayerische Staatsregierung und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben bereits angekündigt, vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu klagen.

Baden-Württembergs CDU-Landeschef Thomas Strobl kritisierte die Reform jüngst als »Schwächung des Südens«. »Das ist eine Reform, die der Demokratie mehr schadet als sie der Demokratie nützt. Hier wird ein neues Wahlrecht geschaffen, indem diejenige oder derjenige, der vom Volk gewählt wird, unmittelbar und direkt, dann nicht mehr ins Parlament einzieht.«

Hagel sagte nun, die Ampel habe sich ein Wahlrecht nach eigenem Gusto zusammengezimmert. »Eine einfache gleichmäßige Reduktion der Wahlkreise und Listenmandate wäre das Richtige und Klarste gewesen, um das zu tun, was ja dringend nötig war: den Bundestag zu verkleinern«, sagte er. Der Vorschlag sei offenbar chancenlos gewesen. »Vielleicht, weil der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil in Niedersachsen in einem der Wahlkreise gewählt ist, der einer solchen Reform als erstes zum Opfer gefallen wäre.«

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer hatte als Kompromiss vorgeschlagen, die Fünf-Prozent-Hürde auf vier Prozent zu senken. Zum geplanten Wegfall der Grundmandatsklausel sagte er, dieser habe »aus allen Richtungen zu erheblicher Kritik geführt, die wir ernst- und aufnehmen müssen«. CSU-Chef Markus Söder erteilte dem Vorschlag allerdings bereits eine Absage.

Hagel sagte weiter, das geplante Wahlrecht sei auf »Enttäuschung und Täuschung der Wähler« angelegt. »Viele Wahlkreissieger werden nicht in den Bundestag einziehen - das ist eine noch nie da gewesene Ignoranz des Wählerwillens.«

© dpa-infocom, dpa:230403-99-189381/6