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Höchststrafe nach Messerattacke auf Frauen

Ihm ging es um Unterdrückung, Kontrolle, Macht - und am Ende um die Zerstörung eines Lebens. Davon zeigt sich das Freiburger Landgericht überzeugt und verhängt die Höchststrafe gegen einen Mann. Er hatte nach der Darstellung die Trennung seiner Freundin nicht hingenommen.

Prozess wegen Mordes in Freiburg
Der Angeklagter (M) spricht mit seinem Verteidiger (l) während ihn ein Justizbeamter (r) am Arm hält. Foto: Philipp von Ditfurth/DPA
Der Angeklagter (M) spricht mit seinem Verteidiger (l) während ihn ein Justizbeamter (r) am Arm hält.
Foto: Philipp von Ditfurth/DPA

Detailliert listete der Vorsitzende Richter am Freiburger Landgericht die Folgen des Messerangriffs auf zwei Frauen auf: Eine 59-Jährige starb, unter anderem Herz und Lunge waren durch einen Stich verletzt worden. Ihre 30 Jahre alte Tochter erlitt zig, teils komplexe Knochenbrüche. Von verschobenen Bruchstücken an Stirn und Schädel sprach der Richter - und verurteilte den 63-jährigen Ex-Partner der jüngeren Frau am Mittwoch zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Zudem stellte die Kammer die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen.

Die »unglaubliche Brutalität«, mit der der Kampfsportler auf die Frauen losgegangen sei, spreche für diese Entscheidung, erklärte der Richter. Die körperlichen und psychischen Folgen für die Überlebende seien immens und würden sie sicherlich ein Leben lang begleiten. Das Urteil wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung ist nicht rechtskräftig, der Deutsche kann Revision einlegen. Der Mann hatte die Tat im Wesentlichen gestanden. (Az. 1 Ks 200 Js 1108/23)

Das Gericht zeigte sich davon überzeugt, dass er sich für die Trennung habe rächen wollen. Die Ex-Partnerin, die Schülerin in der Kampfsportschule des Angeklagten gewesen war, habe die Beziehung beendet. Unbehagen hätten ihr vor allem der große Altersunterschied bereitet und die Tatsache, dass der Mann noch verheiratet war.

Doch der narzisstisch geprägte 63-Jährige habe dies nicht akzeptiert, sagte der Richter. Er stalkte die Frau demnach und erpresste sie mit einem heimlich gedrehten Sexvideo, von dem er Ausschnitte an den aktuellen und früheren Arbeitgeber schickte. Es sei dem Angeklagten um Beherrschung, Macht und totale Kontrolle gegangen, sagte der Richter. Letztlich auch im Zuge der Vernichtung. Im Weggehen nach der Tat habe der Mann noch zu einem Zeugen gesagt: »Die Schlampe hat es verdient.« Er habe von Wut und Rachegedanken gelenkt gehandelt.

Der Mann hatte den Frauen im Januar vor dem Zuhause der 30-Jährigen in Freiburg aufgelauert und angegriffen. Mutter und Tochter wollten in die Wohnung fliehen, der 63-Jährige holte sie ein. Als die Mutter sich ihm in den Weg stellte, um ihr Kind mit ausgebreiteten Armen zu schützen, stach er laut dem Richter mehrfach auf die arg- und wehrlose Frau ein. »Sie hatte in Bruchteilen von Sekunden weder die Möglichkeit zu fliehen noch sich zu wehren.« Brutal habe er auch auf die Tochter eingestochen. Es sei reiner Zufall, dass diese überlebte.

Den Ausführungen der Verteidigung, der Mann habe ein Gespräch gesucht, habe seine Ex-Freundin noch mit ihrem Kosenamen »Muckelchen« angesprochen, folgte das Gericht nicht. »Wenn er nur hätte reden wollen, hätte er einfach weggehen können«, sagte der Richter. Schon bei der Erpressung habe er der Frau gesagt, er wisse, dass er ihr wehtue - aber könne nicht auf ihre Nähe verzichten. Sie erwirkte wenige Wochen vor der Tat ein Kontakt- und Annäherungsverbot.

Der Angeklagte war schon früher strafrechtlich auffällig gewesen, saß mehrfach wegen kleinerer Delikte um Drogen im Gefängnis. Schon während des Mordprozesses hatte er dem Richter zufolge anerkannt, dass der seiner ehemaligen Freundin Schmerzensgeld und den Angehörigen der Getöteten Hinterbliebenenentschädigung zahlt.

© dpa-infocom, dpa:230809-99-785004/3