Vor den ersten Gesprächen über eine Bildungsallianz haben mehrere Verbände ihre Erwartungen an die Teilnehmer des Spitzentreffens formuliert. Die Gemeinden in Baden-Württemberg warnen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Regierung und Opposition vor nicht umsetzbaren Versprechen. »Wir müssen klar darauf hinweisen: Es dürfen keine Lösungen versprochen werden, die nicht realistisch erfüllbar sind«, sagte Gemeindetagspräsident Steffen Jäger der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.
So brauche es etwa für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) im Südwesten nicht nur zusätzliche Lehrer, sondern auch eine große Zahl an neuen Schulräumen. »Diese zu schaffen, kostet viel Geld und dauert einiges an Zeit. Dies zusätzlich zum Ausbau für den Ganztag an den Grundschulen hinzubekommen, erscheint kurzfristig kaum erfüllbar«, sagte Jäger. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hatte kürzlich in einem Interview gesagt, dass die Rückkehr zu G9 aus ihrer Sicht zum übernächsten Schuljahr kommen sollte.
Gemeindetag warnt vor Vertrauensverlust in die Politik
Sollten bei den Gesprächen Versprechungen gemacht werden, die nicht zu erfüllen seien, fürchtet Jäger einen Vertrauensverlust der Wählerinnen und Wähler. »Ein Hauptgrund für einen wachsenden Vertrauensverlust der Menschen in den Staat ist der Umstand, dass politische Versprechen in der Realität nicht eingehalten werden«, sagte Jäger. Man dürfe deswegen nur das versprechen, was auch verlässlich erfüllt werden könne.
Am Freitag wollen die Fraktionsspitzen von Grünen, CDU, SPD und FDP, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Kultusministerin Schopper im Neuen Schloss in Stuttgart über eine mögliche Bildungsallianz für Baden-Württemberg sprechen - also über gemeinsam getragene Bildungsreformen, die auch über die Dauer einer Legislaturperiode Bestand haben sollen.
Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann warnte vor überzogenen Forderungen in den Gesprächen. »Wir haben nicht irgendwelche Geldsäcke mit Milliarden, die wir bisher nicht ausgegeben, sondern gehamstert haben«, sagte Kretschmann am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Die Gespräche hätten nur einen Sinn, wenn keine Seite mit irrealen Vorstellungen dort hineinginge. Er selbst gehe offen und konstruktiv in die Gespräche, die er für gut und konstruktiv halte. »Wir haben das komplexeste Schulsystem aller Länder. Das zu reduzieren, das wäre eigentlich wichtig«, sagte Kretschmann.
Elternvertreter: »Auf die großen Linien beschränken«
Aus Sicht des Landeselternbeirats sollte sich die Runde nicht in Detailfragen einmischen. »Die Elefantenrunde sollte sich auf die Ruhe in den großen Linien beschränken und die Ausgestaltung den Sachkundigen überlassen«, sagte dessen Vorsitzender Sebastian Kölsch. Details wie das richtige Gleichgewicht unter den verschiedenen Schularten oder eine mögliche Umgestaltung der Grundschulempfehlung, solle die Politik Sachkundigen überlassen, forderte Kölsch.
Der Chef der Elternvertretung erhofft sich zudem, dass die Runde sich mit den Ergebnissen eines Bürgerforums befasst, dass die Landesregierung im vergangenen Jahr zur Zukunft des Gymnasiums eingesetzt hatte. »Ich verspreche mir ein klares Signal, die Hauptempfehlung des Bürgerforums, nämlich die bessere finanzielle Ausstattung des Bildungssystems, gemeinsam anzupacken und G9 als klares Bürgervotum so zeitnah wie möglich wieder einzuführen«.
Aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sollte die Runde vor allem den Anfang der Bildungslaufbahn im Blick behalten. »Priorität muss eine Stärkung der frühen Bildung und der Grundschulen haben«, sagte die GEW-Vorsitzende Monika Stein. Auf keinen Fall dürften sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur auf ihre Lieblingsprojekte konzentrieren. »Wer derzeit denkt, die Verwendung von gendergerechter Sprache in Schulen oder die Grundschulempfehlung seien die wichtigsten bildungspolitischen Themen, hat wenig Ahnung vom Alltag in den Klassenzimmern der 4500 Schulen in Baden-Württemberg«, sagte Stein.
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