Trainer Thomas Reis schrie beim Jubelsprung seine riesige Freude heraus, Torhüter Ralf Fährmann bedankte sich erleichtert bei den Mitspielern und das ganze Team feierte vor den begeisterten Fans seine größte Fußball-Party seit dem Aufstieg in der Vorsaison: Schalke 04 lebt noch! Die Königsblauen haben sich mit dem ersten Bundesligasieg seit dreieinhalb Monaten endgültig im Abstiegskampf zurückgemeldet.
Am Samstagabend gewann der Tabellenletzte das wichtige Duell mit dem direkten Konkurrenten VfB Stuttgart mit 2:1 (2:0) und schöpft noch unbesiegt in der Rückrunde neue Hoffnung.
»Natürlich gibt uns dieser Sieg Auftrieb, weil es endlich mal eine satte Belohnung für unsere Aufwand gab«, sagte Fährmann, der den Sieg mit einem Patzer noch in Gefahr gebracht hatte, bei Sky: »Wir haben das Herz auf dem Platz gelassen und man hat gesehen, wie die Fans das honoriert haben.«
Seit dem 1:6-Heimdebakel gegen RB Leipzig »liefern wir auf dem Platz und zeigen, was die Fans von uns erwarten«, sagte Torschütze Marius Bülter: »Es tut gut, mal wieder Tore zu schießen.« Und Trainer Reis betonte: »Die Mannschaft lebt.«
Schalke hat nun die große Chance, am kommenden Wochenende bei Reis' Ex-Club VfL Bochum nachzulegen und den letzten Tabellenplatz zu verlassen, auf dem der Club seit dem elften Spieltag ununterbrochen steht. »Es ist ein Derby, da geht es immer brisant zu«, sagte Fährmann.
Nach vier torlosen Unentschieden zuvor beendete Dominick Drexler (10. Minute) vor 62 271 Zuschauern in der ausverkauften Schalker Arena die 414-minütige Torflaute. Bülter (40.) erhöhte artistisch auf 2:0. »Das war wahrscheinlich Instinkt«, erklärte Bülter sein Kabinettstück per Hacke ins lange Eck: »Es war die einzige Chance für mich, den Ball aufs Tor zu bekommen.«
Im 100. Bundesligaduell beider Traditionsclubs war der Treffer von Borna Sosa (63.) für den VfB nach schwerem Torwartfehler von Fährmann zu wenig. »Es tut mir leid für die Mannschaft. Da kann man sagen, dass ich nicht so gut aussah«, sagte Fährmann: »Der Ball hat ein bisschen geflattert, aber ich habe den Anspruch, den zu halten.«
Mit 16 Punkten liegt Schalke nur noch drei Zähler unter anderem hinter Bochum, Stuttgart und dem ersten Nicht-Abstiegsplatz. Für den VfB war die Pleite trotz deutlicher Leistungssteigerung nach der Pause wieder ein bitterer Rückschlag nach dem 3:0 am vergangenen Wochenende gegen den 1. FC Köln - dem ersten Sieg überhaupt unter dem neuen Coach Bruno Labbadia. Mit 19 Zählern liegen die Schwaben nur knapp oberhalb der Abstiegsränge auf Platz 15. »Wir müssen mutiger sein«, haderte Sosa: »Jetzt wird es schwer.« Das nächste Spiel: zu Hause gegen den Bayern München.
Am Samstagabend erlaubten sich die Schwaben vor allem in der Abwehr und der ersten Halbzeit zu viele individuelle Fehler. Offensiv fanden die Gäste erst nach dem 0:1 statt, spielten indes zunächst nur gefällig und kaum zielstrebig. Die wenigen konsequenten Angriffe machte da spätestens noch Fährmann zunichte. Der 34-Jährige kassierte erst nach gut einer Stunde den ersten Gegentreffer, seit er nach der Hinserie wieder ins Tor der Knappen zurückgekehrt war.
Labbadia hatte zuvor zur Pause mit zwei Wechseln auf den recht emotionslosen Auftritt seines Teams reagiert. Tanguy Coulibaly und Dan-Axel Zagadou ersetzten die enttäuschenden Gil Dias und Hiroki Ito. Die Folge war deutlich mehr Druck seines Teams und vor allem mehr Leidenschaft. Das Anschlusstor war trotz des glücklichen Zustandekommens verdient. Am Ende warf der VfB alles nach vorne - vergeblich.
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