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Gericht: Handel muss Corona-Zutrittskontrollen weiter zahlen

Es dauert weniger als eine Minute, den Corona-Impfnachweis der Kunden zu prüfen. Doch der Einzelhandel muss für das Personal an den Zutrittspunkten Millionen blechen. Auf denen wollen die Händler nicht sitzen bleiben. Eine Geschäftsfrau ist deshalb vor den Kadi gezogen.

Justitia
Eine Statue der Justitia steht unter freiem Himmel. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild
Eine Statue der Justitia steht unter freiem Himmel. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild

MANNHEIM. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) müssen Einzelhändler im Südwesten zunächst die Kosten für die Corona-Zutrittskontrollen weiter bezahlen. Die Richter lehnten mit ihrem am Freitag veröffentlichten Beschluss den Eilantrag einer Einzelhändlerin ab, die für die Kontrollpflicht keine rechtliche Grundlage im Infektionsschutzgesetz sieht. Die Pflicht besteht dem Mannheimer Gericht zufolge bis zum 19. März, dem Ende der vom Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Wie es danach weiter geht, ist offen.

Der Handelsverband rügte den Beschluss. Es sei nicht einzusehen, dass die von der Landesregierung in der Corona-Verordnung vorgesehenen Kontrollen vom Handel und nicht vom Land finanziert werden müssen. Die Kosten gingen in die Millionen, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbandes, Sabine Hagmann. Während die Verkehrsbetriebe einen Topf mit sechs Millionen Euro für Passagier-Kontrollen erhielten, müsse jedes einzelne Handelsunternehmen nachweisen, welche Kosten für die Kontrollen entstanden seien. Der Ausgleich aus der Überbrückungshilfe 4 sei alles andere als auskömmlich. Viele Geschäfte kapitulierten wegen des komplizierten Antragsverfahrens. Hagmann monierte: »Da werden unterschiedliche Maßstäbe angelegt - wir fühlen uns ungerecht behandelt.«

In ihrem Eilantrag hatte die Einzelhändlerin die ihrer Branche auferlegte Prüfung von Impfstatus und Ausweispapieren als unverhältnismäßig bezeichnet. Neben dem Personalaufwand stelle sich die Frage nach der Sicherheit der Kontrolleure. Sie seien Übergriffen an den Check-Punkten ausgesetzt, so die Antragstellerin. Sie betreibt in Baden-Württemberg mehrere Filialen im Textileinzelhandel. Hagmann sagte, die Kontrolleure würden zu Sündenböcken gemacht. Mitarbeiter würden beschimpft, bedroht und angespuckt. »Da gibt es wilde Szenen, der ganze Frust wird an den Verkäuferinnen und den Beschäftigten in der Gastronomie abgelassen.«

Der 1. Senat betont in seinem Beschluss, ohne obligatorische Kontrollpflichten würden Nachweisverpflichtungen und Zugangsbeschränkungen für nicht-immunisierte Menschen unwirksam. Bei einem Verzicht auf Kontrollen sei zu erwarten, dass nicht-immunisierte Kunden mehr Infektionen auslösen. Dies sei auch bei einer nur stichprobenartigen Kontrolle zu befürchten, die die Antragstellerin für ausreichend halte.

Die Entscheidung des VGH hat auch für die Landesregierung Folgen. Reagiert sie nicht, werden die Geschäfte ab dem 20. März die Kontrollen streichen können. Wenn das Infektionsgeschehen sich nicht nachhaltig ändert, könnte der Bund das Infektionsschutzgesetz um Regelungen für Kontrollen erweitern. Aber auch das Land ist nicht zur Untätigkeit verdammt: Der Landtag müsste analog zum Bundestag eine epidemische Lage von großer Tragweite feststellen, um die Kontrollen aufrechtzuerhalten. Brandenburg hat das laut dem Sprecher des VGH bereits getan. Die sich nach dem 19. März anbietenden Lösungsmöglichkeiten hat der VGH nicht kommentiert. Der Beschluss des VGH ist unanfechtbar (1 S 3805/21).

© dpa-infocom, dpa:220114-99-709076/3

PM VGH