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Gelbes Papier war gestern – heute ist es digital

Bei den meisten Bürgern scheint es angekommen zu sein, dass der gelbe Impfpass nicht mehr ausreicht.

Ein Impfpass und ein Smartphone, auf dem die App CovPass läuft.
Ein Impfpass und ein Smartphone, auf dem die App CovPass läuft. Foto: PUCHNER/DPA
Ein Impfpass und ein Smartphone, auf dem die App CovPass läuft.
Foto: PUCHNER/DPA

STUTTGART. Gelb war gestern, heute ist digital. Wer jetzt noch mit dem gelben Impfpass wedelt, um Einlass zu Geschäften, Kultur und Cafés zu bekommen, hat das Nachsehen. Nur ein digitaler Impfnachweis garantiert seit dem 1. Dezember das Sesam-öffne-dich. Brigitte Beck, Mitarbeiterin im Café Schurr in Heslach, stellt fest, dass die meisten einen digitalen Impfnachweis besitzen, entweder auf dem Handy oder als Scheckkarte, manche kämen auch mit dem Zettel mit dem QR-Code. »Wir haben viel ältere Kundschaft, aber die sind genauso digital unterwegs, manchmal reagieren sie sogar noch schneller«, sagt Beck. Auch Paul Woog vom Konzertveranstalter SKS Russ berichtet nur von einer »verschwindend geringen Zahl« an Besuchern, die keinen digitalen Impfpass haben: »Beim Konzert am vergangenen Sonntag kamen bei 670 Besuchern nur vier oder fünf mit dem gelben Impfpass.«

Renate Krausnick-Horst, die Vorsitzende des Stadtseniorenrats, beobachtet, dass »alte Menschen noch den gelben Impfpass haben«. Sie versteht nicht, warum dieser nicht mehr akzeptiert werden wird. Gleichwohl sei sie erstaunt, wie diszipliniert sich die Senioren auf die neuen Regeln einließen.

»Eigentlich ist das die Aufgabe eines Bürgerbüros«

Die Folgen der Umstellung bekommen der Apotheker Christoph Gulde und seine Kollegen zu spüren. Gulde ist Inhaber der Solitude-Apotheke sowie Vorsitzender der Region Stuttgart beim Landesapothekenverband. Der Ansturm auf den digitalen Impfnachweis sei riesig: »Wir müssen schauen, dass wir noch zu unserer normalen Arbeit kommen.« Pro Tag stelle er 70 bis 80 Nachweise aus. Pro Nachweis dauere das drei bis vier Minuten, aber nur, wenn der Server funktioniert. Wenn der aber holprig läuft, brauche es zehn Minuten. Und das sei die Regel: »Das ist ja auch klar, wenn 15 000 Apotheken gleichzeitig darauf zugreifen.«

Eigentlich sieht Gulde es nicht als Auftrag der Apotheker an, den Impfnachweis auszustellen: »Das wäre die Aufgabe vom Bürgerbüro, da es nichts Medizinisches ist. Aber wir Apotheker haben gesagt, wir kriegen das hin, da sonst niemand seine Hand gehoben hat.« Generell findet er es »verständlich, aber doch bemerkenswert«, dass die Impfpässe als nicht mehr gültig erklärt werden. »Das ist ein Grundeingeständnis des Scheiterns«, sagt Gulde. Er verstehe zwar die Intention der Landesregierung, da es ziemlich viele gefälschte Pässe gibt. Allerdings wurde seiner Meinung nach versäumt, den digitalen Impfpass gleich bei der Impfung mitzugeben.

Nun hat seine Zunft sich mit den gefälschten Pässen herumzuschlagen. Freilich sind sie Profis, dennoch gebe es Situationen, die für seine Mitarbeiter und für ihn sehr belastend seien: »Ich sehe Impfpässe, das glauben sie nicht.« Vor Kurzem sei ein Mann gekommen, der habe einen gelben Impfpass vorgelegt, bei dem die Drucklegung jünger als die eingetragenen Impfungen war. Ein anderer habe Rabatz gemacht, weil Gulde ihm nicht einfach abnahm, dass seine erste Impfung in der Türkei erfolgt sei und man vergessen habe, diese einzutragen.

Auch Citymanager Sven Hahn sieht für den Handel Probleme mit den Impfnachweisen. Die Anforderungen an das Personal, die die Kontrollen vornehmen, seien massiv gewachsen: Am Anfang waren die Kontrollen stichprobenartig, inzwischen müssen die Kontrolleure nicht nur den Personalausweis und den digitalen Impfnachweis überprüfen, sondern in der Gastronomie auch noch schauen, wie lange die Impfung zurückliegt. Die Kontrollen übernehme in den meisten Läden das Personal – zusätzlich zur eigentlichen Arbeit. Einige größere Geschäfte hätten extra Leute eingestellt, meist vom Sicherheitsdienst. »Geld hat noch keiner mit Kontrollen verdient«, sagt Hahn. (GEA)