»Gärten des Grauens« werden sie genannt, die pflegeleichten Schottergärten. Vor noch wenigen Jahren schienen solche Gärten für viele Häuslebesitzer attraktiver, als sich mit Unkraut zu beschäftigen. In den Städten wurde so manches Baugebiet zu einer Steinwüste. Doch der Trend hielt sich nicht. Auch wegen eines Gesetzes, denn seit Mitte 2020 sind Schottergärten verboten und müssen zurückgebaut werden. Eine Bestandsaufnahme in ausgewählten Kommunen.
Konstanz
Seit der Änderung des Naturschutzgesetzes vor vier Jahren sind in Konstanz laut einer Sprecherin keine Fälle bekanntgeworden, in denen ein Schottergarten angelegt worden wäre. Weil das Thema keine große Bedeutung in der Touristenstadt am Bodensee habe, gebe es auch keinen »Schottergartenbeauftragten«. »Dessen Aufgaben würde im Einzelfall zuverlässig die jeweilige Nachbarschaft übernehmen«, sagt die Stadtsprecherin.
Und wie sieht es in Ulm aus?
In Ulm wurde nach Auskunft der Stadt dagegen seit 2020 in vier Fällen der Rückbau eines Schottergartens angeordnet. Alle bisher entdeckten Fälle seien eindeutig. »Die Betroffenen haben daher auch einsichtig reagiert. Allerdings ist der Rückbau noch nicht in allen Fällen erfolgt. Die von uns gesetzte viermonatige Frist ist in diesen Fällen auch noch nicht abgelaufen.« In der Stadt sei ausreichend Personal vorhanden, zumindest um grobe Verstöße aufzudecken und nachzuverfolgen.
Freiburg denkt grün
In Freiburg ist das Thema Schottergärten in den vergangenen Jahren kein Schwerpunkt gewesen. »Wir kontrollieren hier nicht proaktiv alle Baugebiete, sondern reagieren auf Hinweise. Viele Fälle gab es in Freiburg allerdings nicht«, sagt eine Stadtsprecherin. Das hänge auch damit zusammen, dass die Freiburger bewusst grün seien und es auch kaum Neubaugebiete für Einfamilienhäuser gebe, wo sich eine derartige Gartenanlage anbieten würde. »Das Thema Schottergärten berührt auch unser Klimaanpassungskonzept «Hitze». Es ist der Stadt Freiburg grundsätzlich ein Anliegen, dass Flächen, die nicht anderweitig benötigt werden, gärtnerisch angelegt werden«, heißt es von der Stadtsprecherin.
Baden-Baden: Der beste Baukontrolleur ist der Nachbar
Auch in Baden-Baden ist der Trend zu Schottergärten gestoppt, vor allem wegen der gesetzlichen Regelungen sowie der öffentlichen Aufklärung. »Auch trugen der Rückbau von Schottergärten aufgrund behördlicher Aktivitäten und der Aufklärung in den Medien dazu bei, dass negativ besonders auffällige Schottergärten in den letzten Jahren so gut wie nicht mehr entstanden«, sagt eine Sprecherin.
Es komme nur noch in Einzelfällen vor, dass ein Schottergarten errichtet werde. »Diese sind meist gut einsehbar und werden von unseren Baukontrolleuren bei Ortskontrollen entdeckt oder uns von Dritten direkt gemeldet. Gravierende Verstöße werden verfolgt und untersagt.« Da die Rechtslage eindeutig sei, gebe es bis dato keine Widerspruchs- oder Klageverfahren. »Bei einer freiwilligen Vereinbarung sind wir auch in Hinblick auf mögliche Fristen oder das genaue Maß des Rückbaus großzügiger.«
Aufmerksame Mitbürger, Ortsverwaltungen und Baukontrolleure sorgten in aller Regel dafür, dass gravierende Verstöße früher oder später entdeckt und verfolgt würden. Auch hier gelte der Spruch: »Der beste Baukontrolleur ist der Nachbar.« Letztendlich sei ein Schottergarten für die Tier- und Pflanzenwelt nicht attraktiv. »Schottergärten sind mittlerweile total aus der Mode gekommen«, sagt die Sprecherin in Baden-Baden.
In Stuttgart ist Großteil der Schottergärten älter
In der Landeshauptstadt Stuttgart ist nach Auskunft eines Sprechers von rund 50 entdeckten Schottergärten der überwiegende Teil vor dem Stichtag erstellt worden. »Daher erhielten nur sechs Besitzer eine Aufforderung zum Rückbau«, sagt Stadtsprecher Harald Knitter. Bisher sei dies bei zwei Gärten erledigt, bei den vier anderen sei das Verfahren noch anhängig. »Es gibt nur sehr wenige Fälle von freiwilligem Rückbau. In der Regel sind förmliche Beseitigungsanordnungen erforderlich, die dann regelmäßig auch angefochten werden.«
Der Rückbau von Schottergärten kann in Stuttgart nur gefördert werden, wenn der Eigentümer nicht ohnehin gesetzlich zum Rückbau verpflichtet ist. »Bei einem freiwilligen Rückbau eines Schottergartens, der vor dem 31. Juli 2020 entstand, ist für das Anlegen einer artenreichen Blühfläche eine Förderung aus dem «Stuttgarter Grünprogramm» möglich.« Stuttgart ist der Ansicht, dass in Baden-Württemberg im Allgemeinen weiterhin nur gegen Schottergärten vorgegangen werden kann, die nach dem 31. Juli 2020 angelegt wurden.
Und wie ist die Rechtslage?
Rechtlich können die Baurechtsbehörden schon seit den 1990er Jahren gegen illegale Schottergärten vorgehen. Seit dieser Zeit gibt es die Regelung in der Landesbauordnung, dass die nicht-überbauten Flächen der bebauten Grundstücke Grünflächen sein müssen, wenn sie nicht für eine andere zulässige Nutzung verwendet werden. Diese Regelung wurde bei der praktischen Umsetzung allerdings nicht oft angewendet, der Gesetzgeber weitete dies deswegen explizit auf Schottergärten aus. Seit dem 31. Juli 2020 stellt das Naturschutzgesetz nun klar, dass Schottergärten nicht zulässig sind.
Wie das Bauministerium mitteilte, ist es unstreitig, dass es Fälle unzulässiger Schotterung zwischen 1996 und 2020 gab. Die rechtliche Bewertung müsse aber den Einzelfall und die örtlichen Gegebenheiten in den Blick nehmen. eine generelle Bewertung sei nicht möglich. »Wir setzen daher auf Überzeugung. Die Kommunen sollten Bürgerinnen und Bürger über insektenfreundliche Gartengestaltung und den Umgang mit Schottergärten informieren und Anreize zum freiwilligen Rückbau setzen«, sagt ein Ministeriumssprecher.
Pforzheim belohnt mit Geld
Auch Pforzheim belohnt die Beseitigung älterer Steingärten. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und sich immer stärker aufheizender Stadträume seien grün angelegte Gärten im privaten Bereich wichtiger denn je, sagte eine Stadtsprecherin. »Auch dem massiven Insektensterben können diese grünen Oasen entgegenwirken. Die Stadt Pforzheim fördert außerdem jeden Rückbau für Schottergärten, die vor dem 31. Juli 2020 angelegt wurden, mit einer Summe von bis zu 500 Euro.«
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