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Gefahr durch müde Lkw-Fahrer: 1000 neue Stellplätze geplant

Immer wieder kracht es auf Autobahnen, weil Lkw-Fahrer unter Schlafmangel leiden. Schuld daran sind zu wenige Stellplätze und fehlender Lärmschutz. Die Autobahn GmbH im Südwesten nimmt sich des Problems an - nicht schnell genug, meint ein Verband.

Autohof
Lastwagen stehen während der blauen Stunde auf einem Stellplatz eines Autohofes. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Lastwagen stehen während der blauen Stunde auf einem Stellplatz eines Autohofes.
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert

Lkw-Fahrern bleibt oft nichts anderes übrig, als nachts auf Pkw-Stellplätzen zu parken oder ihren Lastwagen auf Ein- und Ausfahrten von Rastanlagen zu stellen. Folge der drangvollen Enge ist Schlafmangel, der zu schrecklichen Unfälle führen kann. Doch Abhilfe ist in Sicht: Die Niederlassung Südwest der Autobahn GmbH des Bundes teilt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, dass über 1000 Lkw-Stellplätze bis 2030 entstehen sollen, mehr als 2000 weitere danach. Der ADAC hatte jüngst auf gefährliche Zustände auf den Autobahn-Rastanlagen aufmerksam gemacht. Der Autoclub hatte 3000 neue Stellplätze gefordert.

Eine besonders dramatische Situation stellte der ADAC bei der Rastanlage Sindelfinger Wald fest, wo bereits am Nachmittag kaum noch ein freier Stellplatz zu finden ist. Bei einer Momentaufnahme des ADAC nutzten dort drei Lastwagenfahrer den Seitenstreifen oder den Ein- oder Ausfahrtsbereich für ihre Nachtruhe - landesweit waren dies acht. Die Autobahn GmbH selbst beziffert das Defizit auf 2500 Stellplätze. »Lkw-Stellflächen sind ein wichtiger Faktor für die Einhaltung der Lenkzeiten der Brummifahrer und damit für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden«, betont die GmbH.

Die Initiative »Hellwach mit 80 km/h«, die sich dem Kampf gegen den Tod von Brummifahrern verschrieben hat, mahnt schnellere und weitergehende Verbesserungen an. So solle es auf den Rastanlagen nicht nur mehr Plätze geben, sondern auch Schutz gegen Lärm und Hitze - durch Dämmwände oder Erdwälle für ungestörten Schlaf, sagt der Sprecher von »Hellwach«, Dieter Schäfer. Bei einer 2020 veröffentlichten Umfrage habe jeder vierte Fahrer angegeben, im Vorjahr ein- bis dreimal am Steuer eingenickt zu sein.

Die Autobahn GmbH sieht einen Schlüssel zu einer entspannteren Situation in der Verdichtung. Dabei werden die Stellplätze an den Rastanlagen nicht verkleinert, sondern Flächen umgenutzt. So könnten Fahrgassenflächen zu Parkflächen umfunktioniert werden. Darüber hinaus werde untersucht, welche vorhandenen Flächen sich innerhalb von Rastanlagen und Parkplätzen mit WC für zusätzliches Längs- oder Schrägparken eignen.

Durch solche Maßnahmen werden die Kapazitäten an der A5 (Kreuzlach, Lußhardt und Mönchberg) und an der A8 (Kämpfelbach) in den kommenden drei Jahren wesentlich erhöht. Zusätzliche Stellplätze sind bis 2023 an fünf Parkplätzen auf der A8 (Pforzheim-Süd) und an der A5 (Weidengrien, Blauenblick, Hardt und Galgenloch) geplant. Aus Sicht von Schäfer, ehemaliger Chef der Mannheimer Verkehrspolizeidirektion, muss bei bundesweit 70 toten Berufskraftfahrern im Jahr 2021 rascher gehandelt werden, als die Autobahngesellschaft es ankündigt. Erforderlich sei generell mehr Wertschätzung für die »Kapitäne der Straße«. Das gelte für die Empfänger der Waren und die Kommunen gleichermaßen. In Gewerbegebieten müssten Lkw-Fahrer zumindest zur Toilette gehen können und vor allem dürfen. »Jeder will eine Lieferung, aber der, der sie bringt, wird menschenunwürdig behandelt«, bemängelt Schäfer.

Die Autobahngesellschaft setzt auch auf digitale Lösungen, mit denen Fahrer in der Autobahn-App über freie Stellplätze informiert werden. Ziel sei es, in den nächsten Jahren in einer ersten Stufe alle Tank- und Rastanlagen mit mehr als 70 Lkw-Stellplätzen an Autobahnen mit einstelliger Nummer mit einer digitalen Stellplatzerfassung auszurüsten. Im Idealfall könne mit Telematik-Verfahren bereits vorhandener Lkw-Parkraum um bis zu 50 Prozent vergrößert werden.

Autobahn GmbH Niederlassung Südwest

Initiative Hellwach

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