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Aktuell Prozess

Frau niedergestochen: Ehemann, Bruder und Eltern vor Gericht

War es Eifersucht oder die Erfüllung eines angeblichen Gebots der Scharia? Die 17-jährige Tochter einer Familie aus dem Libanon überlebt eine Messerattacke nur knapp. Nun beginnt in Ravensburg der Prozess.

Landgericht Ravensburg
Ein Kunstwerk vor dem Landgericht in Ravensburg, das die römische Göttin Justitia mit ihrer Waage zeigt. Foto: Felix Kästle/Archiv
Ein Kunstwerk vor dem Landgericht in Ravensburg, das die römische Göttin Justitia mit ihrer Waage zeigt. Foto: Felix Kästle/Archiv

RAVENSBURG. Für einen blutigen Mordanschlag auf eine 17-jährige Muslimin müssen sich von heute an deren syrischer Ehemann und ihr aus dem Libanon stammender Bruder verantworten. Die beiden Männer sind vor dem Landgericht Ravensburg wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Auch die aus dem Libanon nach Deutschland gekommenen palästinensischen Eltern stehen vor Gericht. Sie sollen die mutmaßlichen Haupttäter zur Tötung ihrer Tochter aufgefordert, dann aber Hilfe für die Schwerverletzte geholt haben.

Laut Anklagebehörde war eine angeblich »beschmutzte Familienehre« das Motiv für die Bluttat in Laupheim (Landkreis Biberach); das Gericht spricht von einem »Strafverfahren wegen eines Ehrenmordversuches« (Aktenzeichen 2 KLs 242 Js 20969/18 jug). Das Mädchen sollte demnach dafür mit dem Tod bestraft werden, dass es eine Beziehung mit einem anderen Mann eingegangen war und die Ehe auflösen wollte - sie war mit 15 Jahren nur nach islamischen Recht verheiratet worden.

Der Vater des Opfers verwies zwei Wochen nach der Attacke vor Reportern auf die Scharia. Spiegel TV sagte er: »Wenn eine verheiratete Frau eine Beziehung führt und der islamische Richter sie zum Tode verurteilt, dann darf ich nicht Nein sagen.«

Der Bruder war laut Behördenangaben wegen der mutmaßlichen Beteiligung an der Vorbereitung eines Terroranschlags in Kopenhagen als islamistischer Gefährder eingestuft. Er war erst kurz vor dem Mordanschlag auf die Schwester aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Zusammen mit dem 34-jährigen Ehemann soll der 20-Jährige versucht haben, die zur Tatzeit schwangere Frau »mittels eines Messerangriffs gegen Hals und Oberkörper zu töten«, wie die Staatsanwaltschaft angibt.

Die flüchtigen Tatverdächtigen wurden in einem Zug am Bahnhof Schweinfurt festgenommen. Von dem Anschlag drehte der Bruder laut Spiegel TV ein Video. Aufnahmen des blutenden Opfers soll er an den neuen Freund seiner Schwester geschickt haben - samt Drohung: »Du bist auch noch dran.«

Überlebt haben die schwer verletzte Frau und ihr Baby nach Darstellung der Behörden womöglich nur, weil die 61 Jahre und 64 Jahre alten Eltern im letzten Moment Mitleid hatten und nach der Flucht der beiden Männer die Rettung ihrer Tochter einleiteten. Daher sind der Vater und die Mutter allein wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt, und nicht ebenfalls wegen Mordversuchs. (dpa)