KARLSRUHE. Frühzeitige Schulschließungen können nach einer Analyse des Karlsruher Instituts für Technologie bei den täglichen Corona-Fallzahlen eine Trendwende ausmachen. Je eher die Schulen geschlossen worden seien, desto deutlicher habe sich der Effekt gezeigt, sagte Wirtschaftsinformatiker Niklas Kühl einer Mitteilung von Donnerstag zufolge. »Hätten wir im Frühjahr in Deutschland einen Tag länger gewartet, bis wir die Schulen schließen, hätte dies laut unseren Analysen 125 000 zusätzliche Infektionen bedeutet, die Schließung sieben Tage später sogar 400 000 zusätzliche Fälle.«
Die Wissenschaftler hatten Zahlen der Johns-Hopkins-Universität für neun europäische Länder - darunter Deutschland - und 28 US-Bundesstaaten aus dem Zeitraum 22. Januar bis 12. Mai analysiert. Den Angaben nach untersuchten sie die Auswirkungen der allgemeinen Einschränkung von Versammlungen, des Reduzierens persönlicher Kontakte, des Lockdowns und von Schulschließungen. Berücksichtigt worden seien Merkmale wie die Altersstruktur, Bevölkerungsdichte, medizinische Infrastruktur und das Klima in den jeweiligen Ländern und Bundesstaaten.
»Bis eine Maßnahme wirkt, dauert es im Durchschnitt zwei Wochen«, schreiben die Forscher. Dass Schulschließungen den Analysen zufolge effektiv sind, heiße jedoch nicht, dass andere Maßnahmen nicht auch wesentlichen Einfluss haben könnten. Wegen großer Unterschiede bei der Umsetzung gebe es ein hohes Maß an Unsicherheit. Zudem seien manche Faktoren gar nicht berücksichtigt worden. So analysierten die Karlsruher das Tragen von Masken nicht, »weil diese Maßnahme in den betrachteten Ländern zumeist erst spät eingeführt wurde«.
Die Studie soll im »European Journal of Information Systems« veröffentlicht werden. Eine Vorabfassung ist schon online zu lesen. (dpa)