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Flughafen Stuttgart: Ohne diese Mitarbeiter blieben die Urlauber am Boden

Am Flughafen Stuttgart »Manfred Rommel« läuft nichts ohne sie: Die Feuerwehr sorgt im Notfall in Sekundenschnelle für Sicherheit, während der Tower den Himmel über den Fildern koordiniert. Ein Einblick hinter die Kulissen des STR.

2024 tummelten sich 9,1 Millionen Fluggäste am Stuttgarter Flughafen.  45 Airlines bieten in der Landeshauptstadt ihre Dienste a
2024 tummelten sich 9,1 Millionen Fluggäste am Stuttgarter Flughafen. 45 Airlines bieten in der Landeshauptstadt ihre Dienste an – darunter das Tochterunternehmen der Lufthansa: Eurowings. Foto: Flughafen Stuttgart
2024 tummelten sich 9,1 Millionen Fluggäste am Stuttgarter Flughafen. 45 Airlines bieten in der Landeshauptstadt ihre Dienste an – darunter das Tochterunternehmen der Lufthansa: Eurowings.
Foto: Flughafen Stuttgart

STUTTGART. Er ist das Tor zu Sonne und Strand – oder zu neuen Jobs und spannenden Begegnungen: der Flughafen Stuttgart »Manfred Rommel« (STR). Im vergangenen Jahr nutzten 9,1 Millionen Fluggäste den STR. Sie sind auf die vielen Mitarbeiter angewiesen. Vom Einchecken übers Shopping bis zum Start sorgen rund 10.000 Menschen in über 300 Firmen und Behörden auf dem Gelände für den täglichen Betrieb. An guten Tagen starten und landen bis zu 400 Flugzeuge – aktuell, zum Ende des Sommerflugplans, sind es rund 270. Doch wie funktioniert dieser komplexe Betrieb hinter den Kulissen?

Der Flughafen ist ein eigener kleiner Kosmos, wenn man so will. Auf 400 Hektar greifen dort unzählige Abläufe, High-Tech-Systeme und vor allem Menschen wie ein präzises Zahnwerk ineinander. Dazu gehören Piloten, Bodenpersonal, Techniker, Sicherheitskräfte und Reinigungsteams – jeder Bereich trägt dazu bei, dass alles glattläuft. Besonders spannend sind die Jobs, mit denen Passagiere eher nicht in Berührung kommen. Der GEA hat zusammen mit 48 interessierten Lesern hautnah erleben dürfen, wie wichtig die Mitarbeiter der Flughafenfeuerwehr, sowie des Fluglotsen-Towers für den Betrieb des STR sind – und warum wir uns unseren Urlaub ohne sie gänzlich abschminken könnten.

Reinschlüpfen und los geht’s: Nach einem Alarm steigen die Feuerwehrleute in ihre Kleidung, springen in die Fahrzeuge und fahren
Reinschlüpfen und los geht’s: Nach einem Alarm steigen die Feuerwehrleute in ihre Kleidung, springen in die Fahrzeuge und fahren innerhalb von 30 Sekunden los. Foto: Kim Luisa Geisinger
Reinschlüpfen und los geht’s: Nach einem Alarm steigen die Feuerwehrleute in ihre Kleidung, springen in die Fahrzeuge und fahren innerhalb von 30 Sekunden los.
Foto: Kim Luisa Geisinger

Insgesamt 150 Feuerwehrleute arbeiten rund um die Uhr am Flughafen Stuttgart – in 24-Stunden-Schichten. Ein Drittel ihrer Dienstzeit verbringen sie mit Übungen und Sport, ein weiteres Drittel mit klassischer Feuerwehrarbeit und den Rest mit Ruhephasen. Doch wirklich ruhig wird es selten. Auch nachts können Alarme ausgelöst werden. Die letzten Passagiere verlassen den Flughafen nämlich gegen ein Uhr nachts, kurz nach drei kommen schon die ersten Frühreisenden.

Nach einer Vorschrift der Internationalen Luftfahrtorganisation ICAO (International Civil Aviation Organisation) muss an Flughäfen die Feuerwehr immer in einer bestimmten Mannstärke da sein, damit geflogen werden darf. Die Zahl der Feuerwehrleute richtet sich dabei nach den Passagierzahlen, wie eine Sprecherin des Flughafens erklärt: »Am STR müssen in der Feuerwache Ost stets 19 Einsatzkräfte im Dienst sein. Nur so ist sichergestellt, dass bei Unfällen oder Zwischenfällen sofort Hilfe geleistet werden kann.« Darüber hinaus schreiben die nationalen Vorschriften vor, dass im Notfall auch medizinische Soforthilfe gewährleistet sein muss. Deshalb sind die Feuerwehrleute zugleich Teil des Rettungsdienstes. Vom Aufzug, der stecken bleibt, über Rauchentwicklungen in Gebäuden bis zu plötzlichen Erkrankungen am Terminal – im Durchschnitt haben die Einsatzkräfte täglich 15 bis 20 Alarme zu bewältigen.

Knapp 13.000 Liter Wasser sind in wenigen Minuten verbraucht

Kommt es zum Ernstfall, muss es schnell gehen. Denn den Vorgaben nach müssen die Rettungskräfte innerhalb von drei Minuten am Unfallort sein. Das bedeutet: Sputen. In wenigen Sekunden rutschen die Einsatzkräfte die Stange hinunter. Jacke und Helm liegen genau dort, wo man sie greifen muss. Die Hose steckt schon in den Schuhen, sodass man gleichzeitig ins Hosenbein und in den Schuh hineinschlüpfen kann – alles ist minutiös vorbereitet. Eine GEA-Leserin witzelt zu ihrem Mann: »Schau mal, so müsste ich dir das morgens auch herrichten.« Nach spätestens 30 Sekunden rollen die Fahrzeuge los. In ihren Tanks führen sie bis zu 12.500 Liter Wasser mit. Die sind bei einem Einsatz oft schon nach zwei bis drei Minuten leer. »Dann muss der Brand gelöscht sein. Sonst kann man es vergessen«, stellt Renz klar.

Von den insgesamt vier Löschfahrzeugen müssen immer drei einsatzbereit sein. Fällt eines aus, darf kein weiteres beschädigt werden, sonst gerät der gesamte Betrieb ins Wanken. Ebenso, wenn sich zu viele Feuerwehrleute krankmelden würden. Dann »müsste der Flughafen dichtmachen«, sagt Renz. Üben, das müssen die Feuerwehrmänner – und frauen regelmäßig. Unter anderem an der einzigen Maschine, die am STR dauerhaft stillsteht: einer alten ungarischen Malev-Maschine aus dem Jahr 1996. Sie kann zwar nicht mehr fliegen, dient aber als wertvolles Übungsobjekt.

Zweite Feuerwehrwache in 2027

Damit die maximale Eintreffzeit weiter gewährleistet werden kann, entsteht bis 2027 eine zweite Feuerwache am westlichen Rand des Flughafengeländes. Die bestehende Feuerwache östlich des General Aviation Terminals bleibt weiter bestehen und übernimmt künftig in erster Linie Aufgaben im Flugzeugbrandschutz. Die neue Wache wird für den Gebäudebrandschutz auf dem gesamten Campus und zusätzlich für das Messegelände zuständig sein.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie wichtig die Flughafenfeuerwehr ist: Beim letzten Unglück im Jahr 2009 musste eine Maschine, deren Räder sich nicht ausfahren ließen, eine Bruchlandung hinlegen. Dank schneller Einsatzkräfte und etwas Glück kamen alle Beteiligten mit dem Schrecken davon. Todesfälle am STR gab es bisher nicht.

Der Tower – erhebt sich links im Bild über der Wohnsiedlung – befindet sich außerhalb des Flughafengeländes. Das ist außergewöhn
Der Tower – erhebt sich links im Bild über der Wohnsiedlung – befindet sich außerhalb des Flughafengeländes. Das ist außergewöhnlich. Foto: Flughafen Stuttgart
Der Tower – erhebt sich links im Bild über der Wohnsiedlung – befindet sich außerhalb des Flughafengeländes. Das ist außergewöhnlich.
Foto: Flughafen Stuttgart

Wenn die Feuerwehr das Gelände also schon einmal im Griff hat, wandert der Blick auf die gegenüberliegende Seite. Dort ist der Tower zu sehen, in dem die Fluglotsen den Himmel über Stuttgart koordinieren. »Der Tower ist wirklich etwas Besonderes«, sagt Tour-Guide Renz. »Als einziger großer Tower in Europa steht er nicht direkt auf dem Flughafengelände, sondern etwas abseits am Ortsrand von Bernhausen. So haben die Lotsen einen perfekten 360-Grad-Blick auf Vorfeld und Startbahnen.« Der alte Tower auf dem Dach des Empfangsgebäudes konnte nach dem Ausbau der Bahnen 1995 längst nicht mehr alles überblicken, daher wurde der neue 1999 gebaut.

Tagsüber arbeiten hier sechs Lotsen pro Schicht, nachts mindestens zwei für Notfälle, etwa für unvorhergesehene Zwischenlandungen. »Manchmal landen zusätzliche Maschinen sehr kurzfristig am STR«, so Renz. Zwar habe jedes Flugzeug für 30 bis 45 Minuten Reserve-Treibstoff, auf Langstreckenflügen noch mehr – aber selbst das reiche nicht immer.

Zwangspause nach zweieinhalb Stunden Arbeit

»Der Job der Fluglotsen ist extrem anspruchsvoll«, sagt Renz. »Maximal zweieinhalb Stunden arbeiten sie in einem Aufgabenbereich, dann gibt es eine halbe Stunde Pause, damit der Kopf frisch bleibt.« Die Lotsen teilen ihre Aufgaben grob in vier Bereiche auf: anfliegende Maschinen, abfliegende Flieger, Rollbewegungen am Boden und kleine Privatmaschinen, die immer wieder eingeschoben werden. »Mit den Privatmaschinen sprechen sie meistens Deutsch, bei internationalen Flügen wechseln sie regelmäßig zwischen Deutsch und Englisch«, ergänzt Renz. »Ganz schön anstrengend.«

Wer Fluglotse werden will, braucht ein Jahr Theorie, zwei Jahre Einarbeitung auf einem Tower und Vertrauen in sich selbst. »Die Verantwortung ist riesig«, sagt Renz. Das untermauert die Sprecherin des STR: »Ohne die Flugsicherung auf dem Tower wäre Fliegen nicht möglich. Kein Pilot würde abheben, ohne von den Lotsen durch die verschiedenen Lufträume ans Ziel geleitet zu werden. Sie sorgen dafür, dass die Maschinen in sicheren Abständen gestaffelt fliegen und auch bei Start und Landung korrekt in die Luftverkehrsstraßen eingefädelt werden.«

Fluglinien fallen auch regelmäßig weg

Die Lotsen behalten selbst bei ständig wechselnden Flugverbindungen den Überblick. Denn die Flugverbindungen am STR verändern sich ständig. Bei jedem Sommer- und Winterflugplan kommen neue Ziele dazu, andere fallen weg. 120 Flugziele werden derzeit von 45 Airlines angeboten. 2022, kurz nach der Pandemie, waren es zwischenzeitlich 113 Flugziele und 39 Airlinies. Im Vergleich zu 2019 (vor Covid) fehlen heute Ziele wie Beirut, Brüssel, Dresden, Düsseldorf, Hannover, Helsinki, Leipzig, Lyon, Madrid oder Riga. Neu dazugekommen sind dafür Destinationen wie Edinburgh, Manchester oder Mailand-Linate. Unverändert werden große Hubs wie Amsterdam, Kopenhagen, Frankfurt, Istanbul, London, München, Wien oder Zürich regelmäßig angeflogen.

Steigende Gebühren und weniger Businessreisen führen zudem dazu, dass Airlines manche innerdeutsche Verbindungen kürzen und ihre Maschinen lieber anderswo einsetzen. Renz weiß: »Deutschland ist für Airlines ziemlich teuer«. Regelmäßige Verbindungen nach Asien oder Amerika werden in Zukunft – vielleicht auch deshalb - »nicht passieren«, da ist sich die Touristenführerin sicher. Dafür gebe es in nächster Nähe den großen Bruder FFM, Frankfurt. (GEA)