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Flüchtlinge: So ist die Situation in den Landkreisen der Region

Viele Kommunen und Landkreise im Großraum Stuttgart haben für die zahlreichen Geflüchteten bald keinen Platz mehr.

Einige Landkreise müssen bei der Flüchtlingsunterbringung auf Sporthallen zurückgreifen.  FOTO: KÄSTLE/DPA
Einige Landkreise müssen bei der Flüchtlingsunterbringung auf Sporthallen zurückgreifen. FOTO: KÄSTLE/DPA
Einige Landkreise müssen bei der Flüchtlingsunterbringung auf Sporthallen zurückgreifen. FOTO: KÄSTLE/DPA

STUTTGART. Vielen Kreisen in Baden-Württemberg steht das Wasser bei der Flüchtlingsunterbringung bis zum Hals. Räume fehlen an allen Ecken und Enden. Bis Jahresende wird allgemein eine noch stärkere und schnellere Zunahme der Flüchtlingszahlen erwartet. Auch Proteste gegen die Aufnahme stehen mancherorts auf der Tagesordnung. Laut dem Landkreistag gibt es mehrere Landkreise, die im Rahmen der vorläufigen Unterbringung auf Sporthallen zurückgreifen müssen. Sämtliche verfügbare leer stehende Heime oder Hotels seien bereits angemietet. Ein Überblick:

- Zollernalbkreis

Das wohl drastischste Beispiel für Proteste ist Burladingens Teilort Killer. Heftig wehren sich die Menschen dort gegen 40 Flüchtlinge, die nach den Plänen des Landkreises in einen ehemaligen Gasthof ziehen sollen. Die Fronten sind verhärtet. Der Zollernalbkreis vermutet eine Verzögerungstaktik. Mehrere Gespräche mit Bürgermeister Davide Licht, Alternativorte zu nennen, führten zu nichts. »Die Belegung von Hallen wollen wir, wenn möglich, vermeiden«, sagte ein Sprecher.

- Rems-Murr-Kreis

Der Kreis betreibt eine Notunterkunft in einer Turnhalle. Zusätzlich fungiert eine weitere Turnhalle im Kreis als Ankunftszentrum für ukrainische Geflüchtete, wie eine Sprecherin mitteilte. Eine weitere Nutzung von Turnhallen sei nicht geplant. »Der Rems-Murr-Kreis schafft stattdessen mit Hochdruck neue Unterkünfte, um weitere Hallenbelegungen zu vermeiden und die derzeit belegten schnellstmöglich aus der Nutzung zu nehmen.« Der Kreis erlebe eine breite Akzeptanz durch die Bürger, aber auch Unmut gegen die Migrationspolitik. »Gegen die Geflüchteten selbst richtet sich diese Wut aber selten. Insbesondere die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten ist ungebrochen.«

- Hohenlohekreis

Es werden aktuell eine Schulsporthalle in Trägerschaft des Hohenlohekreises sowie eine Sporthalle in Trägerschaft einer Kommune für eine Flüchtlingsunterbringung vorbereitet beziehungsweise genutzt. In der vorläufigen Unterbringung des Landkreises sind 663 Personen untergebracht »Es zeigt sich ein wachsender Unmut von Angrenzern und Bewohnern betroffener Ortsteile. Der Protest kommt durch Anrufe, Schreiben, Flyer, Unterschriftenaktionen oder initiierte Bürgerbegehren zum Ausdruck«, sagte ein Sprecher.

- Bodenseekreis

Hier werden aktuell 27 reguläre Gemeinschaftsunterkünfte sowie fünf Notunterkünfte in Sporthallen betrieben. Eine davon ist eine Berufsschule. Menschen aus der Ukraine sind großenteils privat untergebracht, weil diese einen anderen Aufenthalts- und Sozialstatus haben. »In aller Regel werden die Unterkünfte akzeptiert, bei Neuprojekten gibt es einen großen Informationsbedarf, viele Diskussionen um Details und durch vereinzelte Anwohner kompromisslose Ablehnung«, sagte ein Sprecher.

- Kreis Esslingen

Flüchtlinge sind in kreiseigenen Immobilien untergebracht, die angemietet oder im Eigentum seien. Es handle sich um feste Gebäude, umgebaute Gewerbeimmobilien und große Notunterkünfte. Es sei davon auszugehen, dass die Unterbringung in Turnhallen aber nun erforderlich werde, sagte eine Sprecherin. Die Bürgerschaft zeige sich zunehmend ablehnend gerade gegenüber der Unterbringung von sonstigen Flüchtlingen. Bei Flüchtlingen aus der Ukraine sei noch eine gewisse Solidarität zu spüren. »Es regt sich immer mehr Widerstand unter anderem in Form von Petitionen, Bürgerbegehren, Leserbriefen und im direkten Gespräch mit der Bürgerschaft.«

- Kreis Göppingen

Hier waren zwei Sporthallen am Berufsschulzentrum in Göppingen für die Unterbringung genutzt worden. »Diese konnten aber inzwischen geräumt werden, eine Halle steht dem Schul- und Vereinssport seit Schulbeginn wieder zur Verfügung«, sagte eine Sprecherin. Die zweite Halle solle ebenfalls schnellstmöglich wieder dem Schul- und Vereinssport zur Verfügung gestellt werden. Proteste gegen eine Unterbringung von Geflüchteten gebe es nicht. Vorbehalte konnten in allen Fällen ausgeräumt werden. »Die Flüchtlingszugänge bewegen sich nach wie vor auf einem hohen Niveau und es ist damit zu rechnen, dass sich die Zugangszahlen nochmals massiv verschärfen werden.«

- Kreis Sigmaringen

Im Landkreis werden aktuell keine Sporthallen für die Unterbringung von Geflüchteten genutzt. »Sämtliche Planungen und Bemühungen zielen darauf ab, das auch künftig zu verhindern«, sagte ein Sprecher. Bisher hätten auch bei Einwänden gegen die Maßnahmen zur Unterbringung von Geflüchteten durch den Landkreis stets von allen Beteiligten tragbare Kompromisse gefunden werden können.

- Kreis Reutlingen

Man bereitet sich auf weiter steigende Flüchtlingszahlen vor. Zunehmen werde vermutlich auch die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten. Für Turnhallen gibt es derzeit keine konkreten Pläne, wie eine Sprecherin mitteilte. »In unserem Landkreis und darüber hinaus erleben wir einen Erschöpfungsgrad in unserer bereits vielfältig belasteten Gesellschaft – sei es belastet durch den Fachkräftemangel, die Bewältigung des Klimawandels, den mangelnden Wohnraum oder die Folgen des Ukrainekriegs. Dazu kommen die hohen Zahlen an Geflüchteten, die ebenfalls zu bewältigen sind.« Es gebe weiterhin viele Personen, die sich tatkräftig im Haupt- und Ehrenamt engagierten – allerdings seien diese ebenfalls an der Belastungsgrenze.

- Kreis Rottweil

Auch hier werden derzeit keine Turnhallen und Sporthallen für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt. »Sollten die Zuweisungen von Asyl- und Schutzsuchenden weiterhin ansteigen, können wir eine Belegung der kreiseigenen Sporthallen zum Jahresende aber nicht ausschließen«, sagte eine Sprecherin. Den Landkreis erreichten vereinzelt Protestschreiben aus der Bevölkerung, in Einzelfällen gebe es auch öffentlichen Widerstand. Die Anzahl der zugewiesenen Asyl- und Schutzsuchenden allein im September 2023 habe sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast verdreifacht.

- Kreis Tübingen

Trotz Nachfrage des GEA konnte das Landratsamt Tübingen leider keine rechtzeitige Stellungnahme zu den Zuständen im Landkreis abgeben. (dpa/GEA)