STUTTGART. Äußerlich ist er recht unscheinbar: Ein schwarzer Citroën C 3 rollt dieser Tage durch die Reihen geparkter Autos an der Universität Hohenheim. Hätte er auf dem Dach nicht ein aufwendiges Kamerasystem installiert, er würde wohl gar nicht auffallen. Dabei kann man in Stuttgart-Plieningen gerade die Zu-kunft der Verkehrsüberwachung in Baden-Württemberg beobachten.
Die sogenannten Scan-Fahrzeuge sind in einigen europäischen Großstädten bereits etabliert, etwa in Paris oder Warschau. Das Prozedere ist einfach: Die Software erkennt mithilfe von Kameras und GPS-Systemen, ob ein Auto an einem bestimmten Ort geparkt hat. Anhand des Kennzeichens wird anschließend in der Datenbank abgeglichen, ob der Fahrer einen gültigen Parkschein hat. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn die Parkscheinautomaten bereits mit Kennzeicheneingabe arbeiten. Auch Falschparker können erkannt werden, die ihr Auto etwa im Kreuzungsbereich oder auf Geh- und Radwegen abgestellt haben.
Noch im Teststadium
In Deutschland befindet sich die Technik noch im Teststadium. Das liegt auch daran, dass lange Zeit die rechtliche Grundlage gefehlt hat. Insbesondere datenschutzrechtliche Bedenken waren das Problem. Seit März ist das nun anders: Der baden-württembergische Landtag hat das Landesmobilitätsgesetz verabschiedet, in dem geregelt ist, dass die Ordnungsämter Scan-Fahrzeuge einsetzen dürfen und dabei auch Fahrzeugdaten erheben dürfen, um Parkberechtigungen zu kontrollieren.
An der Uni Hohenheim wird die Technik bis Juli in der Praxis getestet, nach der Vermessung des Parkraums beginnen im Mai die ersten Kontrollfahrten. Strafzettel dräuen noch keine, es handelt sich um eine reine Testphase. Doch zukünftig könnte es für Falschparker ernst werden: Während Mitarbeiter des Ordnungsamts derzeit etwa 50 Fahrzeuge pro Stunde kontrollieren, schaffen die Scan-Fahrzeuge rund 1.000. Damit könnten auch deutlich mehr Verstöße aufgedeckt werden. In Warschau sind Scan-Fahrzeuge bereits seit 2019 im Einsatz. In einem Jahr wurden dort zehn Millionen Euro zusätzliche Einnahmen durch Verwarnungsgelder erzielt. Die Einnahmen durch Parkgebühren stiegen um 25 Prozent, weil weniger Falschparker die Zahlung verweigerten, wie der Betreiber DCX Innovations angibt.
Die Grünen-Fraktion im Gemeinderat setzt sich schon seit geraumer Zeit dafür ein, Scan-Fahrzeuge auch in Stuttgart zu etablieren. Bereits im vergangenen Oktober brachten sie einen ersten Antrag dazu ein, nun legen sie mit einem zweiten Antrag nach. Die Grünen fordern die Verwaltung dazu auf, noch vor den Pfingst-ferien einen Bericht vorzulegen, was es kosten würde, Scan-Fahrzeuge in der Landeshauptstadt einzuführen.
Arbeitserleichterung für Mitarbeiter des Ordnungsamtes
»Stuttgart wäre dafür prädestiniert. Wir sind in Deutschland die Stadt mit den zweitmeisten bewirtschafteten Parkplätzen nach München«, erklärt der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, Björn Peterhoff. Rund 44.000 bewirtschaftete Parkplätze gibt es derzeit in der Stadt. Die finanzielle Machbarkeit sieht Peterhoff schon dadurch gegeben, dass sich die Investitionskosten nach kurzer Zeit durch höhere Einnahmen ausgleichen würden. Und auch für die Mitarbeiter des Ordnungsamtes sieht er Vorteile: »Es wäre eine deutliche Arbeitserleichterung, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Das ist ein Bereich, in dem wir Probleme haben, Personal zu finden.«
Unterstützung erhalten die Grünen vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). In einer Stellungnahme fordert der Verein die Stadt auf, Scan-Fahrzeuge "umgehend" einzuführen. "Andere Städte, wie Paris oder London, haben bereits gezeigt, wie wirkungsvoll Scancars eingesetzt werden können.
Die Stadt zeigt sich grundsätzlich offen für die Technologie, weist jedoch auch auf Schwierigkeiten in der Umsetzung hin. »Die begrenzten Personalressourcen in der Verkehrsüberwachung und eine hohe Fluktuation der Mitarbeitenden erhöhen den Druck, in Stuttgart neue Wege der Verkehrskontrollen in Betracht zu ziehen. Vor diesem Hintergrund könnten digitale Kontrollen des öffentlichen Verkehrsraumes eine sehr sinnvolle Option darstellen«, teilt das Amt für öffentliche Ordnung mit. Dafür müssten aber zuerst die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, also eine flächendeckende Digitalisierung der Parkscheinautomaten. Darauf habe die Stadt aber nicht überall direkten Einfluss. »Insofern ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine konkrete Aussage zur Einführung einer digitalen Kontrolle mittels Scan-Fahrzeugen möglich.« (GEA)