Sie war eines der bekanntesten Gesichter der »Fallers«: Schauspielerin Ursula Cantieni ist tot. Die Darstellerin der Johanna Faller aus der Schwarzwaldserie »Die Fallers« starb in der Nacht auf Dienstag im Alter von 75 Jahren, wie der Südwestrundfunk (SWR) am Abend in Baden-Baden mitteilte. »Wir alle im SWR sind bestürzt und tief traurig«, erklärte SWR-Intendant Kai Gniffke. Zuvor hatte »Bild« online darüber berichtet.
Die in Zürich geborene Cantieni kam als Zehnjährige nach Deutschland, ging in Stuttgart zur Schule und hat dort ihr Abitur gemacht. Sie spielte Theater unter anderem in Stuttgart, Esslingen und Konstanz. Ihr Förderer war der damalige Intendant der Landesbühne in Esslingen, Achim Thorwald, wie der SWR in einem Nachruf am Abend schrieb. »Er gab ihr die Chance - und die junge Schauspielerin nutzte sie.«
Ihren ersten Fernsehauftritt hatte Cantieni den Angaben nach 1985 im Film »Polenweiher«. »Ihre ersten Rollen hatten oft etwas mit Aufbruch und Aufbegehren gegen bürgerliche Konventionen zu tun.« Das habe zu Cantieni gepasst, die immer ihrem klaren Kompass gefolgt sei.
27 Jahre spielte sie bei den »Fallers« mit, war von Anfang an dabei. Die Serie erzählt vom Leben einer Schwarzwälder Bauernfamilie in der Gegenwart. Zentrum ist der imposante Bauernhof der fiktiven Familie Faller. Im Original steht er in idyllischer Lage bei Furtwangen im Schwarzwald. Regelmäßig schaut hier das Fernsehen vorbei. Die 30 Minuten langen Episoden laufen sonntagabends im SWR Fernsehen. Eine der Hauptrollen war über Jahrzehnte die großherzige Landwirtin.
Über Johanna Faller sagte Cantieni mal: »Ich habe ihr mein Gesicht gegeben. Ich hab' ihr zu einer Präsenz verholfen, auch wenn sie manchmal nicht viel zu sagen hatte.« Das sei ihre Hauptaufgabe gewesen. »Ich hoffe, dass ich dieser Aufgabe gerecht geworden bin.«
Anfang 2022 gab der SWR überraschend den Ausstieg der Protagonistin bekannt. Die damals 74-Jährige verlasse die Serie aus persönlichen Gründen, hieß es. Cantieni sagte zum Abschied: »27 Jahre hat mich die Figur der Johanna Faller eng begleitet, gemeinsam haben wir die Höhen und Tiefen des Lebens gemeistert.« Nun wolle sie neue Wege gehen. Da viele Folgen da schon längst abgedreht waren, konnte das Publikum Cantieni noch das ganze Jahr 2022 über in ihrer Rolle sehen.
Neben ihrem Engagement bei den »Fallers« war sie seit 2003 festes Mitglied der SWR-Rateshow »Sag die Wahrheit«. Auch coachte sie an Theatern und Hochschulen, hatte eine Professur an der Folkwangschule Essen, und unterrichtete Moderatoren beim Schweizer Fernsehen.
Hinzu kamen Soloabende, Lesungen, Moderationen, Live-Shows sowie Sendungen für TV und Hörfunk. Von 1991 bis 2011 war Cantieni Präsidentin der Schweizer Frauenstiftung »Irma Landolt-Lechner«. Mit ihrem Mann Markus Hubenschmid absolvierte sie eine vierjährige Yogalehrer- und Meditations-Ausbildung, die sie 2019 abschloss.
Auf Cantienis Internetseite heißt es, 2012 habe sie alle Prüfungen für die deutsche Staatsbürgerschaft bestanden und sei nun vollends im Ländle angekommen. Schon sieben Jahre zuvor hatte sie die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg erhalten.
Cantieni habe nicht nur dem SWR, sondern den Menschen im Südwesten Gesicht und Stimme gegeben, sagte Intendant Gniffke. »Mit ihrer Wärme, mit ihrer Klugheit, mit ihrem Charme und ihrem wunderbaren Humor. Eine Frau, die wir nie vergessen werden.« Programmdirektor Clemens Bratzler wurde am Abend in einer Mitteilung mit den Worten zitiert: »Mit Ursula Cantieni ist nicht nur eine der ganz Großen im SWR von uns gegangen, sondern auch eine Frau, die zeitlebens ganz viel Herzlichkeit, Offenheit und Wärme versprüht hat.«
Aus Anlass des Todes ändert das SWR Fernsehen sein Programm und zeigt unter anderem an diesem Mittwoch um 20.15 Uhr die Dokumentation »Ursula Cantieni - Die Frau hinter Johanna Faller«.
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