Christian Streich wird noch einmal alle Energie bündeln - und sich dann aber vermutlich auch ein Stück weit fallen lassen. Die Emotionen rund um seinen Abschied vom SC Freiburg haben bei dem 58-Jährigen durchaus Spuren hinterlassen. Am Samstag beim 1. FC Union Berlin (15.30 Uhr/Sky) wird er mit seiner Mannschaft alles dafür tun, zum dritten Mal in Serie den Europapokal zu erreichen. Danach freut er sich aber auch über ein bisschen Ruhe. Der Gang von der großen Fußball-Bühne wurde zur regelrechten Kraftprobe.
Er sei bei aller Dankbarkeit auch »froh, wenn es vorbei ist« und wolle seine Mitte wiederfinden, sagte Streich am Donnerstag. Nach der Partie in Berlin wird er den SC nach insgesamt 29 Jahren in verschiedenen Funktionen verlassen. Sein Abschied ist seit Wochen Dauerthema in Freiburg. Beim letzten Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim (1:1) drehte er bereits eine große Ehrenrunde. Es sind gefühlsintensive Tage für den Südbadener.
Er habe lange probiert, sich mental darauf vorzubereiten, berichtete Streich. Zwischendurch habe er gedacht: »Wie schaffen wir das jetzt alle gemeinsam?« Die Emotionen, die ihm die Menschen entgegengebracht hätten, seien »wunderbar«, »berührend« und »ein Geschenk des Himmels« gewesen, so der Trainer. Es brauche aber auch »alle Kraft, dass du dem standhältst.« Leute hätten für ihn gebacken, gebastelt und geschneidert. Es sei »viel zu viel der Ehre« gewesen. Er bedanke sich natürlich aber ausdrücklich dafür, so Streich.
Es werde sicher eine Umstellung, dass er Anfang kommender Woche kein Spiel mehr nachzubereiten habe, meinte der Coach. Womöglich werde er versehentlich trotzdem zu seinem Laptop laufen. Raus aus der Bundesliga, rein in die (zumindest vorübergehende) Fußball-Rente - nun kommt es endgültig zum lange angekündigten Einschnitt für Streich.
Zuvor will er seine mehr als zwölfjährige Ära als Trainer der SC-Profis aber noch mit der erneuten Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb vergolden. Er gehe davon aus, dass seine Spieler »alles auf dem Platz werden lassen«, sagte Streich. Gegen den VfL Wolfsburg (1:2) und Heidenheim habe seine Mannschaft zuletzt zwei gute Heimspiele gemacht - auch, wenn es letztlich nur zu einem Punkt reichte.
Da Union noch gegen den drohenden Abstieg kämpft, erwartet Streich »zwei hochmotivierte Mannschaften«. Sein Team brauche eine »gute Balance«, meinte er, und »Ruhe beim Abschluss«. Der eine oder andere letzte Pass müsse noch genauer kommen. Man wolle »unbedingt gewinnen«. Für Streich und Freiburg geht es im letzten Kapitel einer in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen Erfolgsgeschichte noch ums ganz große Happy End.
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