Inmitten von Energiekrise und Energiewende rechnet die EnBW als drittgrößter Versorger Deutschlands im laufenden Jahr mit kräftigem Wachstum und will schon 2028 komplett aus der Kohle aussteigen. »Das Jahr 2022 hat eine Zäsur für die Energiewirtschaft dargestellt, die ein Neu-Adjustieren unserer Strategie erfordert«, erklärte der neue Vorstandsvorsitzende Andreas Schell am Montag in einer Mitteilung. In den nächsten Jahren wird es seiner Einschätzung nach entscheidende Weichenstellungen geben.
»Wir gehen davon aus, dass es zu weiteren großen Veränderungen im Energiemarkt kommt, etwa beim Thema Wasserstoff«, sagte Schell demnach. »Diese gilt es zu antizipieren.« Um 10.30 Uhr wollte er in Stuttgart die Jahresbilanz der EnBW für 2022 vorstellen.
Das bereinigte operative Ergebnis (adjusted Ebitda) betrug den Angaben zufolge nun 3,29 Milliarden Euro nach 2,96 Milliarden Euro im Jahr 2021, ein Plus von 11 Prozent. Mit einem Anstieg von mehr als 39 Prozent im Vergleich zu 2021 auf 1,11 Milliarden Euro seien die erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr erstmals das ergebnisstärkste Geschäftsfeld gewesen, teilte EnBW weiter mit.
Für das laufende Geschäftsjahr erklärte Finanzvorstand Thomas Kusterer: »Wir gehen davon aus, dass unser adjusted Ebitda in einer Bandbreite von 4,7 bis 5,2 Milliarden Euro liegen wird.« Auch hierbei rechnet die EnBW insbesondere im Geschäftsfeld »Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur« mit einem deutlichen Anstieg beim Ergebnis.
Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hat sich das Unternehmen eigenen Angaben zufolge in kürzester Zeit von russischem Gas und russischer Kohle unabhängig gemacht. Eine sichere Versorgung mit Energie sei aus anderen Bezugsquellen sichergestellt worden.
»Die Energiewende muss aber mehr Geschwindigkeit aufnehmen, wenn wir unseren Energiebedarf decken und die Klimaziele erreichen wollen«, betonte Vorstandschef Schell. »Als EnBW beschleunigen wir die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit und planen, schon im Jahr 2028 den kompletten Ausstieg aus der Kohle, sofern die von der Bundesregierung gesetzten Rahmenbedingungen dies ermöglichen.«
Der Konzernüberschuss der EnBW stieg im Vergleich zum Vorjahr laut der Mitteilung von rund 363 Millionen auf 1,7 Milliarden Euro. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wuchs demnach auf 26 980. Das seien 3,5 Prozent mehr gewesen als ein Jahr zuvor.
Die Investitionen des Konzerns etwa in Windparks und den Ausbau der Stromtransportnetze lagen mit rund 3,2 Milliarden Euro um 12 Prozent über jenen des Vorjahres. Bis 2025 plane EnBW Bruttoinvestitionen in Höhe von 14 Milliarden Euro, hieß es. Etwa drei Viertel davon sollten in den drei Jahren in den Ausbau der Netze und der erneuerbaren Energien fließen, »also in die Umsetzung der Energiewende«.
Schell hatte Mitte November 2022 die Nachfolge von Frank Mastiaux angetreten, der den einstigen Atomstromer auf einen Kurs hin zu erneuerbaren Energien gebracht hat. Neben dem Thema Versorgungssicherheit in Zeiten des Krieges wird in diesem Jahr auch der Teilverkauf von TransnetBW eine Rolle spielen. EnBW will Mehrheitsgesellschafter an dem Übertragungsnetzbetreiber bleiben. Mitte April soll im Zuge des Atomausstiegs in Deutschland zudem Neckarwestheim 2 als letztes Kernkraftwerk der EnBW vom Netz gehen.
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