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EM-Störaktion: Geldstrafe für Flug in Allianz Arena

Er wollte maximale Aufmerksamkeit auf das Thema Klimawandel lenken - und verletzte dabei Menschen: Weil er mit einem Gleitschirm in die Münchner Allianz Arena flog, muss ein Aktivist eine Geldstrafe zahlen.

Gleitschirmflieger wegen EM-Störaktion vor Gericht
Zwei angeklagte Männer (M) stehen zu Prozessbeginn mit ihren Anwälten (l) auf der Anklagebank. Foto: Peter Kneffel/DPA
Zwei angeklagte Männer (M) stehen zu Prozessbeginn mit ihren Anwälten (l) auf der Anklagebank.
Foto: Peter Kneffel/DPA

Die Bilder dürften manchen Zuschauern noch besser in Erinnerung sein als das Fußballspiel am selben Abend: Mit einem motorisierten Gleitschirm fliegt ein Mann im Juni 2021 vor dem Europameisterschafts-Match von Deutschland gegen Frankreich über die Münchner Allianz Arena, er wirft einen Ball aufs Spielfeld. Auf Ball und Schirm prangen Botschaften gegen Volkswagen, den Sponsor der EM, daneben der Schriftzug »Greenpeace«. Der Flieger gerät in einen Sturzflug, zwei Menschen auf den Zuschauerrängen werden verletzt.

Wegen der gefährlichen Protestaktion ist der 40 Jahre alte Aktivist am Dienstag zu einer Geldstrafe von 7200 Euro verurteilt worden. Das Amtsgericht München verhängte am Dienstag die Strafe von 120 Tagessätzen wegen vorsätzlicher Gefährdung des Luftverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung. Bei Rechtskraft des Urteils gilt der Mann aus Baden-Württemberg damit als vorbestraft.

Der als Chirurg tätige Angeklagte, der zuletzt in Pforzheim wohnte, hatte sich zu Prozessbeginn für seine Tat entschuldigt. Er versprach, eine derartige Aktion nie zu wiederholen. Er gab zu, kurz vor dem Anpfiff des Spiels trotz eines Flugverbots in der Gegend mit dem Motorschirm über das Stadion geflogen zu sein. Sein Plan sei gewesen, nach dem Ballwurf zur Abflugstelle zurückzukehren. Der Schirm verfing sich jedoch in einem Stahlseil, wodurch der Pilot die Kontrolle verlor.

Beim Sinkflug flog der Mann nur wenige Meter über der Zuschauertribüne und verletzte einen französischen Tontechniker. Ein abspringendes Teil des Fluggeräts verletzte einen Dopingkontrolleur der UEFA, der daraufhin eine Nacht im Krankenhaus verbrachte. Der Gleitschirmflieger landete auf dem Spielfeld und verletzte sich am Knöchel. Zu dem Absturz sei es gekommen, weil er durch Beobachtung des Spielfelds und Beschäftigung mit dem Ball abgelenkt gewesen sei, sagte er im Prozess.

Richterin Verena Kikut sagte in ihrer Urteilsbegründung, das Strafmaß stütze sich insbesondere auf die Gefahr, die für die 14.500 Zuschauer im voll besetzten Stadion bestanden habe. Der Mann wurde der vorsätzlichen Gefährdung des Luftverkehrs und der Körperverletzung schuldig gesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung zu 150 Tagessätzen gefordert, die Verteidigung ein Höchstmaß von 90 Tagessätzen.

In seiner Aussage teilte der Angeklagte mit, er habe sich seit seiner Jugend für den Umweltschutz und schließlich bei Greenpeace engagiert, weil ihm der Klimawandel Sorgen mache. In diesem Zusammenhang habe er sich besonders am EM-Sponsor Volkswagen gestört: »Seine Klimaschutzversprechen hat VW nicht erfüllt.« Daher habe er medienwirksam auf diese hinweisen wollen. Volkswagen lehnte eine Stellungnahme zu dem Fall ab.

Kurz nach der Tat habe er mit den beiden Opfern telefoniert. »Ich übernehme die volle Verantwortung für alles, was passiert ist«, sagte er. Dem Ukrainer zahlte er demnach ein Schmerzensgeld von 3500 Euro.

Zu einer Strafe von 3000 Euro wurde zudem ein 36-Jähriger verurteilt, der nach Überzeugung des Gerichts bei den Vorbereitungen geholfen hatte. Er gab zu, kurz vor dem Überflug aus Sicherheitsgründen die Polizei informiert zu haben.

© dpa-infocom, dpa:230711-99-361351/7