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Eltern dürfen nicht helfen

Bevor ein mobiles Klimagerät eingesetzt werden darf, müssen wiederholt 35 Grad überschritten werden

Schulkinder im Hitzestress.  FOTO: DPA
Schulkinder im Hitzestress. FOTO: DPA
Schulkinder im Hitzestress. FOTO: DPA

STUTTGART. Nils Schanz macht sich Sorgen. Seine beiden Töchter besuchen die Marienschule in Stuttgart-Süd, und wegen der andauernden Hitzewelle sei es dort in manchen Räumen inzwischen unerträglich heiß. »Das verursacht nicht nur massive Unannehmlichkeiten, sondern gefährdet auch die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler«, schreibt er in einer E-Mail an Oberbürgermeister Frank Nopper. Manche Kinder seien weinend zusammengebrochen, weil es zu stickig gewesen sei, ergänzt er im Gespräch. In seinem Brief an OB Nopper heißt es: »Diese Zustände sind ein Armutszeugnis für Stuttgart. Ich fordere die Stadt dringend auf, schnellstens geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Bedingungen an den Schulen zu verbessern und die Gesundheit und Sicherheit aller Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten.«

Die Rektorin Nadine Reinhardt bestätigt, dass die Hitze an ihrer Schule derzeit ein großes Thema sei. Besonders schlimm sei es in den vier Klassenzimmern in Richtung Hauptstätter Straße. Wegen der hohen Feinstaubbelastung dürfen dort die Fenster nicht geöffnet werden, die Fenstergriffe sind abgeschraubt. Die Tipps, die sie vom Amt für Umweltschutz bekommen habe, damit die Temperaturen in der Schule erträglich bleiben, könne sie damit nicht anwenden. »Stoßlüften, Querlüften, die Oberlichter über Nacht geöffnet lassen – das alles geht gar nicht. Da hat man schon das Gefühl, das Thema kommt überhaupt nicht an«, sagt die Rektorin. Schon in der Coronazeit seien die vier Klassenzimmer ein Problem gewesen.

Für die Kinder sei die Situation definitiv belastend. Manche bekämen zum Beispiel Kopfschmerzen und ließen sich von den Eltern abholen. Auch das Kollegium leide unter der Hitze. »Wir tun, was wir können, aber eine wirklich gute Lösung haben wir nicht«, sagt die Rektorin. Unterricht finde im schattigen Hinterhof oder in den Mensa statt, in der es nicht ganz so heiß sei. Die Kinder legten sich nasse Tücher auf die Stirn oder tauchten auch mal ihre Füße in einen unter der Schulbank stehenden Eimer mit Wasser. Nachmittags finden Wasserschlachten auf dem Pausenhof statt.

Um das Problem langfristig zu lösen, brauche es bauliche Maßnahmen, sagt die Rektorin. Einige Fenster der Schule seien bereits mit einer speziellen Folie versehen worden, die Licht und damit auch Wärme reflektiere. Das sei schon eine Verbesserung, so die Schulleiterin. Die Schulgemeinschaft wünsche sich solche Folien für alle Fenster. Geplant sei das auch, doch die Umsetzung dauere. Das gleiche gelte für verschiedene Sanierungen, sagt Nadine Reinhardt.

»Die Sommerhitze in Schulgebäuden ist eine große Belastung – insbesondere für die Kinder und Jugendlichen, die sich bei hohen Temperaturen konzentrieren und lernen müssen. Wir nehmen diese Sorgen sehr ernst«, sagt Schulbürgermeisterin Isabel Fezer. Sie ergänzt: »Gerade bei historischen Gebäuden wie der Marienschule stehen wir allerdings vor besonderen Herausforderungen.« Hier gelte es, den Denkmalschutz, bauliche Möglichkeiten und das Wohl der Kinder in Einklang zu bringen. »Wir prüfen deshalb gezielt, wie wir auch kurzfristig mit organisatorischen und technischen Maßnahmen Verbesserungen erreichen können«, sagt die Schulbürgermeisterin.

Eltern kaufen Klimagerät

Die Stadtverwaltung hat systematische Temperaturmessungen in der Marienschule beauftragt. Das bedeutet, dass über einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen in regelmäßigen Intervallen die Raumtemperatur aufgezeichnet wird. Die gesammelten Daten werden ausgewertet, das Fachamt legt dann eine Empfehlung vor.

Das dauert. Nils Schanz und seine Frau haben gehandelt und in Eigenregie auf eigene Kosten ein mobiles Klimagerät und Wasserflaschen gekauft. Doch so leicht ist das alles nicht. Denn die Stadt schreibt: »Bevor ein mobiles Klimagerät eingesetzt werden darf, muss nachgewiesen werden, dass die Raumtemperatur wiederholt 35 Grad überschreitet.« Allerdings könnten die Schulen Ventilatoren bestellen. Der Einbau einer Klimatisierung sei hingegen gemäß der Energierichtlinien der Stadt in der Regel nicht vorgesehen.

Trinkwasser sei in den Schulen zugänglich, deren Qualität werde jedes Jahr geprüft. »Sollten Wasserhähne in Schulen nicht funktionsfähig sein, wäre dies sofort dem Schulverwaltungsamt zu melden«, heißt es in der Antwort der Stadtverwaltung. Trinkwasserspender gebe es noch nicht flächendeckend an den Schulen in Stuttgart. Deren Einbau sei bei den grundlegenden Sanierungs- und Umbauarbeiten zur Ganztagsschule vorgesehen. (GEA)