Archäologen sprechen von einer spektakulären Entdeckung: Bei Ausgrabungen haben sie unweit der mächtigen Wallanlagen der Heuneburg bei Riedlingen (Kreis Biberach) eine Grabkammer aus frühkeltischer Zeit entdeckt. Sie ist 2.600 Jahre alt, vollständig erhalten und liegt im Zentrum eines riesigen Grabhügels mit einem Durchmesser von 65 Metern, wie Landesarchäologe Dirk Krausse mitteilte. Er ist langjähriger Leiter der Forschungen an der Heuneburg, die eine der bedeutendsten und am besten erforschten Fundstellen keltischer Zeit in Mitteleuropa darstellt.
Noch unklar ist, ob ein Mann oder eine Frau in dem Grab bestattet wurden. Und: Es waren einst Grabräuber gründlich am Werk. Die Grabkammer soll nun weiter untersucht werden. Erst muss die Feuchtigkeit aus den Holzzellen verdrängt werden. Dann wird das Holz gefriergetrocknet. Diese Prozedur wird laut Krausse um die drei Jahre dauern. Die Grabkammer soll dann in einem neuen Besucherzentrum an der Heuneburg wieder aufgebaut und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Grabkammer nur 70 Zentimeter unter der Oberfläche entdeckt
Die Archäologen stießen nur knapp 70 Zentimeter unter der Oberfläche auf die sehr massiven Eichenhölzer der Grabkammer. Das sei einmalig, weil sich Holz im Boden unter normalen Bedingungen nur wenige Jahre bis Jahrzehnte halte. Laut Krausse ist eine komplett erhaltene keltische Grabkammer bisher erst einmal in Deutschland entdeckt worden: im Jahr 1890 bei Villingen im Schwarzwald. Sie sei jedoch unzureichend dokumentiert und erst später teilweise konserviert worden.
Durch die besonderen hydrologischen Bedingungen am Ort sei die Grabkammer sehr gut erhalten. Denn durch den Mangel an Sauerstoff im Boden hätten die Mikroorganismen keine Chance gehabt. Laut Krausse war die Gegend, in der jetzt der Schatz geborgen wurde, ein Moor. Dies zeige sich auch an der Farbe des Bodens. Er ist schwarz.
Am Holz seien deutlich Jahresringe - ähnlich einem Strichcode - zu sehen. Die Untersuchungen der geborgenen Kammerhölzer sei zwar noch nicht abgeschlossen. Jedoch wurde ein keulenartiges Holzartefakt gefunden, das die Erbauer zurückgelassen haben. »Das Objekt wurde aus dem Holz einer im Jahr 585 vor Christus gefällten Eiche gefertigt. Diese und weitere Beobachtungen sprechen dafür, dass das Fürstengrab von Riedlingen im Jahr 585 vor Christus errichtet worden ist«, sagte Krausse.
Grabräuber plünderten die Kammer schon früh
Die Grabkammer ist leer. Grabräuber verschafften sich den Angaben zufolge mit Gräbertunneln Zutritt und plünderten das Grab aus. »Die Grabräuber dürften relativ schnell nach dem Bau eingedrungen sein. Sie haben sehr gründlich geräumt«, sagte Krausse. In der Kammer wurden keine Beigaben aus Metall oder anderen wertvollen Materialien gefunden. Da das Freilegen des Kammerbodens aber nicht abgeschlossen sei, könnten eventuell von den Grabräubern übersehene Objekte noch zum Vorschein kommen.
Zahlreiche Bronzeziernägel, die sich in einem der Raubgräbertunnel fanden, bestätigten die Vermutung, dass die Grabkammer reiche Beigaben enthielt. Diese Ziernägel sowie mehrere charakteristische Eisennägel stammen wahrscheinlich von einem vierrädrigen Wagen.
Die Archäologen fanden in dem Grab einige gut erhaltene Knochen eines menschlichen Skeletts. Sie stammen sie von einem vermutlich 15 bis 20 Jahre alten und zwischen 160 und 168 Zentimeter großen Mann. Ob es der Tote aus dem Kammergrab ist, stehe aber noch nicht fest.
Die Kelten sind eine Gruppe von Völkern, die vor mehr als 2.000 Jahren weite Teile Europas besiedelten. Über ihre Kultur und ihr Alltagsleben ist wenig bekannt. Sie hinterließen keine Schriftzeugnisse. Die ersten Zeugnisse für eine keltische Kultur stammen aus dem 8. Jahrhundert vor Christus. Verschwunden sind die Kelten um Christi Geburt. Ihr Kernsiedlungsgebiet war in Süddeutschland und Ostfrankreich.
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