LUDWIGSBURG. Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie gibt es eine Einigung. Vorgesehen sind Lohnsteigerungen von 5,2 Prozent zum Juni 2023 und noch mal 3,3 Prozent ab Mai 2024 bei einer Laufzeit von 24 Monaten, wie die Gewerkschaft IG Metall und Arbeitgeber am frühen Freitagmorgen in Ludwigsburg mitteilten. Dazu kommen steuerfreie Einmalzahlungen von insgesamt 3000 Euro. Das Ergebnis gilt als Pilotabschluss, der im Kern auch in anderen Bezirken umgesetzt werden soll. In der Branche sind bundesweit rund 3,9 Millionen Menschen beschäftigt.
IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelberger sagte nach den zwölfstündigen Verhandlungen: »Wir haben hart gerungen und verhandelt, am Ende liegt aber ein akzeptabler Kompromiss auf dem Tisch. Die Kolleginnen und Kollegen bekommen nun endlich die dauerhafte prozentuale Entgelterhöhung, die ihnen zusteht.«
Südwestmetall-Verhandlungsführer Harald Marquardt sprach von einem aus seiner Sicht »schmerzhaften Kompromiss«, der nur tragbar sei, weil mit der langen Laufzeit Planungssicherheit für die Betriebe bestehe. Außerdem seien Entlastungsmöglichkeiten für Firmen in Not enthalten.
Die IG Metall war Mitte September mit ihrer höchsten Forderung seit 2008 in die Gespräche gegangen: Acht Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von einem Jahr. Die Arbeitgeber hatten im Laufe der Tarifverhandlungen 3000 Euro als Einmalzahlung angeboten. Dazu hatten sie eine unbezifferte Erhöhung der Gehaltstabellen bei einer Laufzeit von 30 Monaten in Aussicht gestellt.
Nach vier ergebnislosen Verhandlungsrunden richteten sich zur fünften Runde am Donnerstag alle Augen nach Baden-Württemberg. Die IG Metall hatte grünes Licht für einen Pilotabschluss in dem Bezirk gegeben, der auch früher schon oft Vorreiter für tarifliche Einigungen gewesen war. Vorab hatten beide Seiten laut Gewerkschaft etliche Detailfragen ausgeräumt. Dass die 3000 Euro steuerfrei kommen sollen, erschien daher schon vor der Runde in Ludwigsburg unstrittig. Offen waren hingegen noch Laufzeit und Höhe möglicher Lohnerhöhungen.
Bei Warnstreiks im gesamten Bundesgebiet beteiligten sich laut IG Metall bis zum Donnerstag knapp 900 000 Menschen. Allein am Donnerstag hätten 100 000 die Arbeit zeitweise niedergelegt, die Hälfte davon in Baden-Württemberg. Im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen in Ludwigsburg hatte die IG Metall zuvor bereits 24-Stunden-Warnstreiks und Urabstimmungen mit anschließenden Flächenstreiks in einzelnen Regionen ins Spiel gebracht.
Die Tarifverhandlungen standen in diesem Jahr unter dem Eindruck dramatisch gestiegener Preise. Während die Gewerkschaft ihre Forderung immer wieder mit den hohen Belastungen für die Beschäftigten durch die Inflation untermauert hatte, verwiesen die Arbeitgeber darauf, dass es vielen Betrieben bereits schlecht gehe.
Als Vergleich war zuletzt auch immer der im Oktober gezimmerte Abschluss in der Chemiebranche herangezogen worden. Die IG Bergbau, Chemie, Energie hatte sich mit den Arbeitgebern auf zweimal 1500 Euro steuerfrei und zwei Stufen von je 3,25 Prozent geeinigt. Bei einer Laufzeit von 20 Monaten ergibt das laut Gewerkschaft im Schnitt fast 13 Prozent mehr und kann fast die aktuell hohen Inflationsraten ausgleichen. (dpa)