Logo
Aktuell Justiz

Drei Verfahren gegen Stuttgarter Immo-Tommy

Influencer gab Tipps zu Immobilien und Finanzen. Mit seinem Geschäftsgebahren beschäftigen sich Gerichte.

Tommy Primorac, Finanz-Influencer, hat juristischen Ärger.  FOTO: ARNULF HETTRICH/IMAGO
Tommy Primorac, Finanz-Influencer, hat juristischen Ärger. FOTO: ARNULF HETTRICH/IMAGO
Tommy Primorac, Finanz-Influencer, hat juristischen Ärger. FOTO: ARNULF HETTRICH/IMAGO

STUTTGART. Tomislav Primorac hat einen steilen Aufstieg hingelegt. Als »Immo Tommy« veröffentlicht der Stuttgarter in sozialen Medien Tipps rund um das Thema Immobilien und Finanzen, bietet Seminare und auch Rundum-sorglos-Pakete zum Kauf von Wohnungen an. Er erreicht damit Millionen Menschen und ist zum Star unter den sogenannten Finfluencern, also Finanz-Influencern, geworden.

Im vergangenen Sommer allerdings hat das glänzende Image eine Delle bekommen. Mehrere Menschen, die über Primoracs Netzwerk Immobilien gekauft haben, fühlen sich abgezockt. Vorgeworfen werden ihm überteuerte Objekte, hohe Provisionen, riskante Finanzierungsmodelle. Primorac hat die Vorwürfe in einem Video zurückgewiesen, gab aber an, dass sein Modell wohl zu schnell gewachsen sei und man sich von Partnern getrennt habe. Falls es Fehler gegeben habe, werde man »die verantwortlichen Personen suchen und sie dafür verantwortlich machen, dass sie ihrer Pflicht nachkommen«, versprach er und sah sich mit zahlreichen Reaktionen konfrontiert – von überschwänglicher Unterstützung bis hin zu Morddrohungen gegen seine Familie.

Kritik am Geschäftsgebaren

Was aus all diesen Vorwürfen wird, ist derzeit noch offen. Deutlich weiter allerdings ist die Justiz an anderer Stelle. Denn es gibt weitere Kritik am Geschäftsgebaren von Tomislav Primorac. In drei Zivilverfahren am Stuttgarter Landgericht gehen Kläger gegen die äußerst selbstbewusste Werbung »Immo Tommys« vor, der sich auf seiner Internetseite selbst als »Europas größten Immobilien-Creator« bezeichnet – was auch immer darunter zu verstehen sein mag. Zwei der Verfahren sind bereits entschieden.

Im ersten hat der Kläger, der Mitgeschäftsführer einer Gesellschaft, die Fitnessstudios betreibt, gefordert, dass Primorac die Nutzung von Fotos unterlässt. Die soll er in einem der Fitnessstudios gemacht und auf seinem Instagram-Profil verwendet haben. Offenbar hat er sich gegen die Klage nicht gewehrt, deshalb sei das Verfahren »per Versäumnisurteil beendet worden«, teilt das Stuttgarter Landgericht mit. Interessanter sind allerdings die beiden anderen Verfahren. Darin geht es explizit um Werbeaussagen, die die jeweiligen Kläger offenbar als zu großspurig empfinden. So hat eine Kölner Immobilienmaklergesellschaft eine einstweilige Verfügung gegen Primorac er-wirkt. Darin wird ihm untersagt, auf seinen Websites mit seiner vermeintlichen Bekanntheit aus Medienveröffentlichungen (»bekannt aus . . .«) zu werben.

Diese Werbeaussagen seien irreführend, so die Kammer, da sie nicht mit einer Quellenangabe versehen seien. Zudem suggerierten sie, dass es redaktionelle Beiträge etwa in den genannten Medien gebe – und nicht etwa nur geschaltete, bezahlte Werbeannoncen. Tatsächlich gebe es aber »keinerlei Beleg dafür, dass sich Redaktionen der genannten Medien überhaupt schon mit den Unternehmen des Antragsgegners befasst hätten«, so das Landgericht. Auch dieses Verfahren gilt als rechtsgültig entschieden, weil Primorac keine Rechtsmittel eingelegt hat.

Noch offen ist das dritte Zivilverfahren am Stuttgarter Landgericht. Dabei klagt die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs aus Frankfurt am Main. Der Verein vertritt rund 2.000 Mitglieder – Verbände, Kammern und Unternehmen – und versteht sich als »Hüterin des fairen Wettbewerbs«. »In unserem Verfahren geht es um Werbung, mit welcher der Eindruck erweckt werden soll, durch Inanspruchnahme einer Dienstleistung den besten Preis beim Verkauf einer Immobilie erzielen zu können«, sagt Rechtsanwalt Peter Ladermann von der Wettbewerbszentrale. Mit einer solchen Werbung werde »eine Spitzenstellung im Hinblick auf den zu erzielenden Verkaufspreis in Anspruch genommen«. Weiter suggeriere sie, dass es bei Immobilien »einen faktisch messbaren Best- oder Höchstpreis gäbe«. Das sei aber nicht möglich.

Konkret stört sich die Wettbewerbszentrale deshalb an der Äußerung »unser erfahrenes Team und unser Netzwerk an Investoren und Käufern stehen bereit, um dir den bestmöglichen Preis für deine Immobilie zu bieten« auf »Immo Tommys« Website. Laut dem Stuttgarter Landgericht hat Primorac in der Vergangenheit bereits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Gegen die soll er aber durch Weiterverwendung des Spruchs verstoßen haben. Die Klägerin verlange deshalb eine Zahlung in Höhe von 4.000 Euro. Ein Verhandlungstermin ist im Juli angesetzt. Primorac hat sich auf Anfrage unserer Zeitung nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg warnt man generell davor, Finfluencern zu viel Vertrauen zu schenken. »Bei deren Tätigkeit handelt es sich um ein Geschäftsmodell, das mittels der dramaturgischen Inszenierung von Nähe, Freundschaft beziehungsweise Vertrautheit Expertentum vermitteln will, das in aller Regel nicht vorhanden ist«, sagt Niels Nauhauser, Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken, Kredite. Ferner verschleierten viele Finfluencer »die Tatsache, dass es sich bei ihren Posts in den sozialen Medien um kennzeichnungspflichtige Werbung handelt«.

Reichweite wird aufgebaut

Zu »Immo Tommy« gebe es immer wieder Beschwerden, so Nauhauser. Viele Inhalte, die er und andere Influencer veröffentlichten, »kommen scheinbar un-eigennützig daher«. Das diene dazu, Vertrauen und Reichweite aufzubauen. »Die Reichweite wird dann zu Geld gemacht, etwa durch Werbepartnerschaften. Das Vertrauen ist die Grundlage für weitere Geschäfte wie die Immobilienvermittlung«, so der Experte. (GEA)