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DNA-Spur unter Fingernagel: »Mord im Maisfeld« aufgeklärt

1992 macht ein Spaziergänger am Rhein bei Düsseldorf einen grausigen Fund, weil sein Hund anschlägt: In einem Maisfeld im benachbarten Meerbusch liegt die teilweise entkleidete Leiche einer 50-Jährigen.

Ermittlungserfolg in einem Cold-Case
Guido Adler, Leiter Kriminalkommissariat 11, beantwortet Fragen von Journalisten. Foto: Federico Gambarini
Guido Adler, Leiter Kriminalkommissariat 11, beantwortet Fragen von Journalisten.
Foto: Federico Gambarini

Weil Sigrid C. (50) sich in ihrem Todeskampf verzweifelt gewehrt hat, konnte die Polizei ihren mutmaßlichen Mörder ermitteln - allerdings erst nach 31 Jahren. Eine DNA-Spur unter ihrem Fingernagel dürfte ihrem Mörder mit Verspätung doch noch zum Verhängnis werden.

Am 21. August 1992 geht ein Mann mit seinen zwei Hunden morgens am Rhein in Meerbusch bei Düsseldorf spazieren. Als einer seiner Hunde an einem Maisfeld zu bellen beginnt, macht der Spaziergänger eine grausige Entdeckung: Er stößt auf die teilweise entkleidete Leiche einer 50-jährigen Reiseleiterin.

Die Frau wurde gedrosselt, gewürgt und schließlich erstochen. Vergewaltigt wurde sie nicht. Die Mordkommission ermittelt, kommt aber bald nicht weiter. Der Fall gerät in Vergessenheit.

Vor einiger Zeit nehmen sich die Mordermittler diesen und andere ungeklärte Mordfälle noch einmal vor: Sie stellen fest, dass damals unter den Fingernägeln der Toten Spuren gesichert wurden.

Ging es 1992 darum, etwaige Faser- und Blutspuren zu sichern, ist die DNA-Technik inzwischen so weit fortgeschritten, aus kleinsten Hautpartikeln den genetischen Fingerabdruck ihres Besitzers gewinnen zu können.

Das gelingt auch im Fall von Sigrid C. und ein Abgleich mit der DNA-Datenbank ergibt einen Volltreffer: Die DNA gehört dem nicht mit ihr verwandten Manfred C., einem verurteilten Kindermörder, der bereits seit fast 28 Jahren hinter Gittern sitzt.

Er war drei Jahre nach dem Mord in Meerbusch nach einem weiteren Mord in Bad Liebenzell in Baden-Württemberg verhaftet worden. Dort hatte er eine zwölfjährige Schülerin erstochen. In seinem ersten Prozess wird der gebürtige Düsseldorfer vom Landgericht Tübingen wegen Totschlags verurteilt, doch der Bundesgerichtshof hebt den Schuldspruch auf. Bei der angeordneten Neuauflage des Prozess bekommt Manfred C. die Höchststrafe: lebenslange Haft wegen Mordes mit besonderer Schwere der Schuld.

Das ist für die Juristen jetzt durchaus ein Problem: Weil der Mord in Meerbusch vorher begangen wurde, müsste im Fall eines Schuldspruchs eine Gesamtstrafe gebildet werden - die bereits verhängte Höchststrafe ist aber gar nicht steigerbar.

Automechaniker Manfred C. (63) blickt auf eine trübe Kindheit in Düsseldorf zurück, berichten die Ermittler am Donnerstag. Seinen leiblichen Vater lernt er nie kennen, seine Mutter ist Trinkerin. Dieses Suchtverhalten legt auch Sohn Manfred bald an den Tag, mit der Folge, dass er häufig seine Arbeitsstelle verliert und ein unstetes Leben führt.

Eine Ehe, die bald geschieden wird, führt ihn nach Süddeutschland, wo er 1995 über die Schülerin herfällt. Inzwischen haben Profiler sein Bewegungsprofil rekonstruiert, um herauszufinden, ob er noch mehr Morde begangen hat. Fündig werden sie dabei nicht. Auch im Fall einer 47-jährigen Postangestellten, die 1993 unweit von Meerbusch in einem Maisfeld in Neuss ermordet wird, finden sie keine Hinweise auf seine Täterschaft.

Der inzwischen 63-Jährige ließ über seinen Pflichtverteidiger bereits mitteilen, dass er mit den Mordermittlern über den Fall Sigrid C. nicht sprechen wird. Eine Speichelprobe bestätigte unterdessen nochmals, dass es seine DNA war, die an der Leiche sichergestellt wurde. Bei beiden Fällen gehen die Ermittler von einer sexuellen Motivation des Täters aus.

Die Staatsanwaltschaft hat bereits Anklage wegen Mordes gegen ihn erhoben. Ein Termin für den Prozess steht noch nicht fest. Erst müsse über die Zulassung der Anklage entschieden werden, sagte eine Gerichtssprecherin am Donnerstag.

© dpa-infocom, dpa:230329-99-137131/8