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Aktuell Bildung

Die größten Probleme im Schulalltag

Der Verband Erziehung und Wissenschaft hat Lehrkräfte im Land gefragt, was ihnen unter den Nägeln brennt

Lehrkräfte haben der Bildungspolitik im Land ein miserables Zeugnis ausgestellt. Aber es gab auch Überraschungen.  FOTO: BEIN/D
Lehrkräfte haben der Bildungspolitik im Land ein miserables Zeugnis ausgestellt. Aber es gab auch Überraschungen. FOTO: BEIN/DPA
Lehrkräfte haben der Bildungspolitik im Land ein miserables Zeugnis ausgestellt. Aber es gab auch Überraschungen. FOTO: BEIN/DPA

STUTTGART. Hohe Arbeitsbelastung, die wachsende Heterogenität der Schülerschaft und die schlechtere Bezahlung sind laut einer vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) am Montag in Stuttgart vorgestellten Umfrage die Hauptkritikpunkte von Lehrkräften an der Bildungspolitik in Baden-Württemberg.

Im Zeitraum vom 19. bis 23. Februar hatte der VBE eine Befragung unter Grundschullehrkräften und Lehrkräften an Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen durchgeführt, die laut Verband mit über 3.000 Antworten eine sehr hohe Rückmeldequote hatte. Gerhard Brand, Landesvorsitzender des VBE, schlussfolgerte daraus, dass »den Lehrkräften seit einiger Zeit vieles unter den Nägeln brennt und dass es höchste Zeit ist, auf die Sorgen und Nöte der Lehrerinnen und Lehrer vor Ort einzugehen«.

»Das Land setzt die Gesundheit der Lehrkräfte aufs Spiel«

Der Bildungspolitik der Landesregierung stellen die Lehrerinnen und Lehrer beider Schulformen ein miserables Zeugnis aus: Im Schnitt erhält sie im Grundschulbereich die Note 4,5 und bei den weiterführenden Schlen im Sekundar-I-Bereich die Note 4,7. Die Versetzung von Kultusministerin Theresa Schopper wäre damit stark gefährdet, Gerhard Brand sieht das Ergebnis als »ernüchterndes Zeugnis« an.

Doch was ergab die Umfrage sonst noch? Als einen der Hauptgründe für ihre Unzufriedenheit geben die Lehrkräfte die hohe Arbeitsbelastung an. Fast alle Befragten, genauer rund 98 Prozent der Lehrkräfte an den Grundschulen und ganze 99 Prozent an der Sekundarstufe I, sagen, dass ihre Arbeitsbelastung eher hoch oder hoch ist.

Der VBE hat die Lehrkräfte aber auch nach den stärksten Belastungsfaktoren in ihrem Schulalltag befragt. In Zeiten von starker Zuwanderung wurde an erster Stelle die Belastung durch die Heterogenität der Schülerschaft mit 69 beziehungsweise 73 Prozent genannt. Aber auch große Klassen und Disziplinschwierigkeiten in der Schülerschaft wurden von den Befragten sehr häufig als Probleme identifiziert. »Zu große Klassen, eine zunehmend heterogener werdende Schülerschaft bei einem wachsenden Aufgabenfeld der Lehrkräfte – Lehrerinnen und Lehrer haben immer weniger Zeit, auf die Schülerinnen und Schüler einzugehen«, kritisiert der VBE-Landesvorsitzende. Herausforderndes Verhalten werde an Schulen zum Problem und man müsse keine Glaskugel haben, um zu sehen, dass dies nicht gut gehen könne, so Brand.

Ein Großteil der Befragten zeigt sich außerdem unzufrieden oder eher unzufrieden damit, wie Inklusion an den Schulen umgesetzt wird (etwa 70 Prozent an der Sekundarstufe I und 62 Prozent an den Grundschulen).

Unter den Mehrfachnennungen, wie der Ausfall von Kolleginnen und Kollegen an Schulen aufgefangen wird, ist »Mehrarbeit« mit rund 80 Prozent der Befragten an beiden Schularten die meistgenannte Antwort. Die Antwort des Landesvorsitzenden dazu ist ebenfalls deutlich: »Das Land setzt die Gesundheit der Lehrkräfte aufs Spiel. Entlastung schaffen wir nur durch mehr Lehrkräfte an den Schulen, eine ausreichende Krankheitsreserve und dadurch, den Lehrerinnen und Lehrern mehr Zeit für ihr Kerngeschäft – den Unterricht – zu geben.« Auch die Lehrkräfte fordern in der Umfrage eine ausreichende Krankheitsreserve.

»Ein Zeichen der Wertschätzung für Arbeit, die täglich geleistet wird«

Mehr als 89 Prozent der Befragten an den Grundschulen und rund zwei Drittel der Lehrkräfte an den befragten weiterführenden Schulen geben an, dass eine höhere Besoldung ihre Arbeitsmotivation steigern würde. Baden-Württemberg, so der VBE-Landesvorsitzende, habe es aber immer noch nicht geschafft, die Besoldung von Grundschullehrkräften und Bestandslehrkräften an Haupt- und Werkrealschulen anzuheben. »Das wäre ein Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung für die Arbeit, die dort täglich geleistet wird«, betont Brand.

Doch trotz aller Kritik an der Bildungspolitik im Land gibt es auch positive Rückmeldungen: Immerhin sagen ganze 63,5 Prozent der Befragten im Grundschulbereich, dass die Stimmung bei ihnen eher gut oder gut ist. Für den Sekundarstufe-I-Bereich sagen dies noch 46,8 Prozent. Und überraschende 78 Prozent der Grundschullehrkräfte und immerhin 67,4 Prozent der Sekundarstufe-I-Lehrkräfte geben an, dass sie ihren Beruf eher gern oder sehr gern ausüben.

Für die Zukunft sehen die Befragten aber immer noch dunkle Wolken am Himmel, denn bei der Frage, ob sie ihren Beruf weiterempfehlen würden, gaben gerade mal wenig mehr als die Hälfte der Befragten Grundschullehrkräfte (54 Prozent) an, dass sie ihren Beruf weiterempfehlen würden. Und rund 60 Prozent im Sekundar-I-Bereich würden ihren Beruf wahrscheinlich nicht oder nicht weiterempfehlen. (GEA)