Immer mehr Mädchen im Südwesten können sich für ein Engagement bei der Jugendfeuerwehr begeistern. Lag der Anteil der Mädchen an den Jugendfeuerwehren im Land vor zehn Jahren noch bei 14,6 Prozent, war 2022 bereits fast jedes vierte Mitglied der Jugendfeuerwehren weiblich, nämlich 23,2 Prozent, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Innenministerium erfuhr. Insgesamt zählte das Ministerium im vergangenen Jahr 35 780 Mitglieder der Jugendfeuerwehren im Südwesten, davon 8315 Mädchen. Zum Tag der Feuerwehrleute am 4. Mai dankte Innenminister Thomas Strobl (CDU) den Feuerwehrleuten im Land für ihren Einsatz.
Die Zahl der Mädchen und Jungen bei den Jugendfeuerwehren sei im Südwesten in den vergangenen fünf Jahren um 13,5 Prozent gestiegen, teilte Strobl mit. Er zeigte sich sehr zufrieden mit der Entwicklung. Der Anteil der Frauen sei in den fünf Jahren um 47,2 Prozent gewachsen. »Das ist sensationell, gerade vor dem Hintergrund, dass wir durch Corona Einschränkungen hatten und auch die Angriffe auf Rettungs- und Einsatzkräfte durchaus eine Bürde bei der Nachwuchsgewinnung sein können«, sagte Strobl. Das Land unterstütze die Jugendfeuerwehren mit einer pauschalen Förderung in Höhe von 40 Euro für jedes Mitglied.
Der Feuerwehrverband Baden-Württemberg erklärt sich den großen Zulauf an Jugendlichen vor allem damit, dass die Feuerwehren verstärkt bereits auf die ganz Jungen zugehen. »Die Kinderfeuerwehren schießen wie Pilze aus dem Boden«, erklärte Andreas Wersch, selbst seit mehr als 40 Jahren bei der Feuerwehr und Sprecher des Feuerwehrverbands im Südwesten. Bei den Kinderfeuerwehren könnten bereits Kinder ab sechs Jahren mitmachen und würden spielerisch an das Thema herangeführt. »Die kriegen natürlich noch keinen Feuerlöscher in die Hand gedrückt«, sagte er. Wenn man Jugendliche erst mit 14 Jahren ansprechen würde, seien sie schon im Fußballverein oder in der Musikschule aktiv und hätten keine Zeit mehr für die Feuerwehr, sagte Wersch.
In Baden-Württemberg engagierten sich 2021 laut Feuerwehrverband knapp 114 000 Menschen bei der Feuerwehr, darunter 7700 Frauen. 2521 der Feuerwehrleute arbeiteten hauptamtlich. »Die Erfahrung aus Krisen zeigt uns, dass im Ernstfall vor Ort viele Helferinnen und Helfer benötigt werden«, sagte Strobl. »Mit hauptamtlichen Strukturen wäre solch ein umfassendes Hilfsangebot gar nicht möglich.«
Verbandssprecher Wersch nannte die Feuerwehr aufgrund der Personalentwicklung eine »Insel der Glückseligen«. Auch dass immer mehr Frauen sich engagierten, findet er gut. »Das hat allgemein unserem Umgangston sehr gut getan«, sagte er. »Einer Männerdomäne tut gut, wenn Frauen dabei sind.« Es brauche auch Frauen, weil sich insgesamt immer weniger Menschen ehrenamtlich engagierten, die Konkurrenz unter den Freizeitbeschäftigungen wachse. Und: »Frauen haben bewiesen, dass sie das genauso gut können wie Männer.« In seiner eigenen Feuerwehr in Kernen im Remstal seien derzeit nur acht Frauen unter 110 Einsatzkräften.
Wersch klagte aber auch über eine zunehmende Überfrachtung der Feuerwehren mit Aufgaben und steigenden Einsatzzahlen. Die Politik müsse bei Firmen für Flexibilität werben, wenn es darum gehe, Mitarbeitern, die bei der Feuerwehr sind, Einsätze und Ausbildungen zu ermöglichen, sagte Wersch. Auch aufgrund des Fachkräftemangels werde das in den kommenden Jahren zunehmend zum Spagat, warnte er.
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