Am Samstag (2. Dezember) geht die Ära Fürst zu Ende. Nach 23 Jahren scheidet Gebhard Fürst als Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart aus. Am gleichen Tag begeht er mit einem Festakt seinen 75. Geburtstag - dieser war auch der Grund für die Bitte um Amtsverzicht, die er schon vor einiger Zeit an Rom weiterleitete. Mit Eintritt des 75. Lebensjahres scheidet ein katholischer Bischof aus dem Amt aus. Das Kirchenrecht schreibt dies so vor.
Der Fest-Reigen beginnt mit einem Festakt um 12.00 Uhr, am Nachmittag folgt das Pontifikalamt, zum Schluss sind Zapfenstreich und Bürgerempfang geplant. Als prominente Gäste haben sich unter anderem Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Nuntius Nikola Eterović und Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, angekündigt.
Fürst ist der dienstälteste deutsche Bischof und Oberhaupt von 1,7 Millionen Katholikinnen und Katholiken. Er ist seit dem Jahr 2000 Bischof in Rottenburg. Für die Diözese beginnt am 3. Dezember eine Phase des Übergangs.
Die Bestimmung seines Nachfolgers kann allerdings dauern. Das Prozedere ist wie folgt: Das Domkapitel erstellt eine Liste mit möglichen Kandidaten - in diesem Jahr erstmals in Beratungen mit dem Diözesanrat. Diese Liste geht an den Nuntius, den Botschafter des Heiligen Stuhls in Deutschland. Er prüft die Auswahl der Kandidaten und schickt die Liste nach Rom.
Von dort kommt wiederum eine Liste mit drei Kandidaten zurück in die Diözese Rottenburg-Stuttgart. Aus diesen drei Kandidaten wählt das Domkapitel den neuen Bischof. Anschließend muss die Landesregierung gefragt werden, ob politisch etwas gegen den Gewählten spricht. Danach wird er vom Papst ernannt und tritt sein Amt als neuer Bischof an.
Bei der Wahl des neuen Bischofs will dieses Mal auch der Diözesanrat der Diözese mitreden. Laut seinem Sprecher Johannes Warmbrunn wird es dazu am 13. Januar ein Treffen zwischen den 103 stimmberechtigten Mitgliedern des Diözesanrats und den elf Mitgliedern des Domkapitels geben. Der Nachfolger solle eine »starke Persönlichkeit« sein. »Er muss offen sein für Beratungen, denn die Kirche ist eine Gemeinschaft. Seine Qualität besteht darin, dass er sich beraten und davon beeindrucken lässt«, sagte Warmbrunn.
Ein Revolutionär war Fürst, der neben jeder Menge theologischen Texten gerne Krimis und Reiseliteratur liest, nie. Entscheidungen der Weltkirche, das Wort des Papstes waren für ihn bindend. Er lehnte eine Zölibat-Lockerung ab.
Allerdings berief er in Rottenburg-Stuttgart im Unterschied zu anderen Diözesen schon vor 20 Jahren eine unabhängige »Kommission sexueller Missbrauch« ein.
Den massenhaften Austritt aus der katholischen Kirche konnte jedoch auch Fürst, der als äußerst freundlich wahrgenommen wird, nicht aufhalten. Denn unter anderem im Zuge von Missbrauchsgutachten leben in Baden-Württemberg immer weniger Katholikinnen und Katholiken. In der Diözese Rottenburg-Stuttgart, der drittgrößten in Deutschland nach Köln und Münster, kehrten im vergangenen Jahr rund 40 000 Christen der Kirche den Rücken. Insgesamt gehören dort noch 1,66 Millionen Menschen zur Kirche. Im Jahr 2000 - also dem Jahr des Amtsantritts von Fürst - waren es noch über zwei Millionen Gläubige gewesen.
Gebhard Fürst wird am 2. Dezember 1948 als jüngstes von drei Kindern im schwäbischen Bietigheim geboren. Der Vater ist Gärtner, die Mutter Hausfrau. Fragen der Religion hätten ihn schon sehr früh beschäftigt, sagt er. 1977 wird er zum Priester geweiht, wie vorher schon einer seiner älteren Brüder. Im September 2000 wird er zum Bischof geweiht.
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