Der erste deutsch-französische Service für grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung im badischen Kehl feiert sein zehnjähriges Bestehen. »Kehl ist die einzige Agentur, in der deutsche und französische Kolleginnen und Kollegen unter einem Dach arbeiten«, sagte die Leiterin für grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Arbeitsagentur Freiburg, Astrid Holzer, der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe aber noch andere Arbeitsagenturen für die grenzüberschreitende Vermittlung - unter anderen in Freiburg und Lörrach sowie in Mulhouse, Colmar und St. Louis im Elsass.
Die Arbeitssuchenden in Kehl im Ortenaukreis kommen hauptsächlich aus Straßburg und Umgebung. »Es gibt aber auch Menschen, die in Deutschland leben und Interesse an Stellen in Frankreich haben«, sagte Holzer. Ziel der Vermittler sei es, einen »360-Grad-Blick« zu haben. »Es geht also nicht nur um die Richtung Elsass nach Deutschland.« In den vergangenen zehn Jahren wurden fast 10.000 Menschen beraten, annähernd 4000 von ihnen fanden auf beiden Seiten des Rheins Arbeit.
Die Interessierten kämen aus allen Branchen, aus der Produktion, aus dem Verkauf und dem Management, sagte Holzer. Den Fachkräftemangel gebe es inzwischen auf beiden Seiten des Rheins. »Wir wollen uns die Fachkräfte nicht gegenseitig abwerben«, versicherte sie. In der Agentur werden im Schnitt rund zehn Gespräche pro Arbeitstag geführt.
Verantwortliche aus beiden Ländern kommen am Dienstag (10.30 Uhr) in der Nachbarstadt Straßburg zusammen. Per Video zugeschaltet werden EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und die Arbeitsminister aus Paris und Berlin, Olivier Dussopt und Hubertus Heil (SPD). Von der Leyen hatte zur Gründung als damalige Bundesarbeitsministerin den Vertrag unterzeichnet. Die Einrichtung am Kehler Bahnhof war zum 50-jährigen Bestehen des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages 2013 ins Leben gerufen worden.
Holzer machte deutlich, dass die Sprache eine Hürde ist. »Die Unternehmen stellen bei Helferjobs aber nicht mehr die Sprachkenntnisse an erste Stelle.« Das Bewerbungsverfahren sei auch anders: »Wir beraten die Menschen, dass in Deutschland Motivationsschreiben, Lebenslauf und Passbild erwartet werden.« Es würden auch nicht alle französischen Abschlüsse automatisch in Deutschland anerkannt.
Einen Wunsch hat die Vermittlungsexpertin auch: Es sollte die Möglichkeit geben, Arbeitnehmer aus beiden Ländern in einer gemeinsamen Fortbildung zu qualifizieren. Als Beispiel nannte sie das Fahren von Gabelstaplern: »Das ist noch sehr schwierig.«
Der französische Ressortchef Dussopt steht im Rampenlicht, denn in Frankreich gibt es seit Wochen Massenproteste und Streiks gegen die geplante Rentenreform der Regierung. Das Renteneintrittsalter soll von 62 auf 64 Jahre steigen. Die Rentenreform gilt als eines der zentralen Vorhaben von Staatschef Emmanuel Macron.
Service für grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung
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