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Debatte um geraubte Kunst: Königlicher Besuch

Baden-Württemberg besitzt viele kunstvolle Gegenstände, die während der Kolonialzeit aus ihren Herkunftsländern geraubt worden sind. Das Land zeigt sich auch bei einer neuen Forderung aus Kamerun zunächst offen für die Rückgabe. Nun steht königlicher Besuch ins Haus.

Nach der Einigung über die Rückgabe von geraubten Objekten an Nigeria berät die baden-württembergische Landesregierung weiter über kunstvolle afrikanische Gegenstände aus dem heutigen Kamerun. Um dem Anliegen seines Volkes aus dem Nordwesten Kameruns Nachdruck zu verleihen, wird der König (Fon) der Nso heute in Stuttgart das Linden-Museum besuchen und Gespräche führen. Fon Sehm Mbinglo I. hatte zuvor für sein Volk die Rückgabe königlicher Objekte eingefordert.

»Das Rückgabeersuchen wird nach derzeitigem Wissensstand vorwiegend die königlichen und kultischen Objekte von Kumbo in der Nordwestprovinz Kameruns umfassen«, teilte das Wissenschaftsministerium dazu mit. »Derzeit ist noch nicht bekannt, um wie viele Objekte es sich handelt.« Auch Zusagen zu einer Rückgabe seien noch nicht gemacht worden.

Bei seinem Besuch werden sich der Fon und seine Delegation nach Angaben des Linden-Museums die in der Ausstellung »Wo ist Afrika?« ausgestellten Stücke sowie weitere Werke aus dem Magazin anschauen. Am Nachmittag ist ein Gespräch mit Vertretern des Wissenschaftsministeriums und mit der Direktorin des staatlichen Museums für Völkerkunde, Ines de Castro, geplant.

»Es ist uns eine Freude, dass der Fon von Bui mit seiner Delegation die Objekte im Linden-Museum nun direkt in Augenschein nimmt - wir heißen ihn herzlich in Stuttgart willkommen«, sagte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne). Die Haltung des Landes sei klar: »Rückforderungen von Kulturgütern, die im kolonialen Kontext in heute nicht mehr vertretbarer unethischer Weise erworben wurden, stehen wir grundsätzlich offen gegenüber«, sagte sie der dpa. Der Besuch des Fon und seiner Delegation könne Auftakt sein »für einen intensiven Austausch mit den Antragstellenden«, sagte sie.

Das Linden-Museum hat nach früheren Angaben des Ministeriums insgesamt rund 45 Objekte aus der Region in seinem Bestand, darunter Ketten sowie Hauben und einen Thronhocker. Im vergangenen Juni hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bereits beschlossen, die Statue Ngonnso zurückzugeben. Die Figur stammt aus dem historischen Königreich Nso' und kam 1903 als Teil der Schenkung des Kolonialoffiziers Kurt von Pavel in die Sammlung des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen nach Berlin. Die Ngonnso hat eine zentrale Rolle für die Nso als Muttergottheit.

Als Kolonie war Kamerun von 1884 bis 1916 ein Teil des Deutschen Reiches. Die zunächst freundlichen Kontakte zwischen den Nso und den deutschen Expeditionstruppen wurden allerdings zunehmend feindlich. Letztlich wurden sämtliche Aufstände und Widerstände der Nso von den Europäern niedergeschlagen, die Bevölkerung musste ein neues System der Besteuerung, Verwaltung und Arbeit erdulden.

Informationen zur Nso-Community

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