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Aktuell Verkehr

Das sind die Stau-Schwerpunkte in Baden-Württemberg

Die ADAC-Staubilanz informiert über die schlimmsten Straßen und Baustellen in Baden-Württemberg. Die A8 gewinnt im Landesvergleich.

Auf der Autobahn 8 bei Pforzheim haben Autofahrer im Jahr 2022 bundesweit die meiste Zeit im Stau verloren.  FOTO: DECK/DPA
Auf der Autobahn 8 bei Pforzheim haben Autofahrer im Jahr 2022 bundesweit die meiste Zeit im Stau verloren. FOTO: DECK/DPA
Auf der Autobahn 8 bei Pforzheim haben Autofahrer im Jahr 2022 bundesweit die meiste Zeit im Stau verloren. FOTO: DECK/DPA

STUTTGART. Es ist Donnerstagabend auf der B 10 im Jahr 2020: freie Fahrt in Richtung Stuttgart. Auf der Straße sind weit und breit keine Autos – sogar so wenige, dass jeder Verkehrsteilnehmer im Rückspiegel zu einer echten Besonderheit wird. Wo sind denn nur alle hin? Das war zu Zeiten geschlossener Bars, Restaurants und Arbeitsstätten, und auch der geschlossenen Urlaubsorte. Spätestens im vergangenen Jahr wurde aber klar: Deutschland macht wieder Urlaub und das Homeoffice ist für viele Geschichte. Wie sich diese Entwicklung auf die Verkehrssituation im Land ausgewirkt hat, verrät nun die Staubilanz 2022 des Deutschen Automobil-Clubs (ADAC). Auch über die staureichsten Tage im Jahr gibt sie einen Überblick.

 

39.275 Stunden Stau gab es in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: In 2021 waren es lediglich 35.569 Stunden. Pro Tag seien das 2021 durchschnittlich 108 Staustunden gewesen, wie der ADAC auf Anfrage mitteilt. Anders als im Vorjahr 2021 ist so die Mobilität in 2022 deutlich höher gewesen, so Julian Häußler, Pressesprecher des ADAC. »Das liegt zum einen daran, dass es 2022 keine gravierenden Corona-Einschränkungen wie einen Lockdown gab«, sagt Häußler. Zudem habe der ADAC einen verstärkten Anstieg im Berufsverkehr mit einer ausgeprägteren morgendlichen Spitze feststellen können, sagt der ADAC-Sprecher. »Das spricht dafür, dass viele Menschen verstärkt an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sind.«

»Baustellen sind nach wie vor eine der Hauptursachen für Stau«

Im bundesweiten ADAC-Stau-Ranking ist und bleibt Pforzheim der Spitzenplatz. Mit insgesamt 3.253 Stunden Stau in 2022 mussten Pendler und Einwohner der Stadt am Streckensegment an der Anschlussstelle A 8 Pforzheim-Ost bis nach Pforzheim-Süd, von Karlsruhe in Fahrtrichtung Stuttgart, länger als überall sonst stehen. Im Vergleich mit dem drittplatzierten Streckensegment auf der A 5 zwischen Heilbronn-Untereisesheim und der Anschlussstelle Bad-Rappenau (Autobahnabschnitt von Heilbronn nach Mannheim), wo Autofahrer im letzten Jahr immerhin 1.470 Stunden im Stau gewartet haben, sind das in Pforzheim 1 783 Stunden mehr verlorene Zeit.

Der Grund: »Baustellen sind nach wie vor eine der Hauptursachen für Stau«, sagt Holger Bach vom ADAC, Abteilungsleiter Verkehr und Umwelt. Für den Experten des Automobil-Clubs sei es deshalb keine Überraschung, dass Pforzheim den ersten Platz im Stau-Ranking innehat. Auch auf der A 6 zwischen Heilbronn-Untereisesheim und Bad Rappenau sei eine Baustelle der Grund allen Übels. Größtes Projekt dieser bis Dezember 2022 aktuellen Baustelle war der Neubau der Neckartalbrücke zwischen Heilbronn-Untereisesheim und Heilbronn-Neckarsulm. Sie ist die längste Brücke des Landes und überspannt 1,3 Kilometer weit den Neckar, was die zuständige Autobahn GmbH des Bundes als »ein Bauwerk der Superlative« bezeichnet. Im Dezember 2022 wurden die Ausbauarbeiten an der Brücke beendet.

Über die zukünftige Entwicklung bei Baustellen kann Julian Häußler vom ADAC eine Prognose geben: »Der ADAC geht von einer gesteigerten Anzahl an Baustellen in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren aus.« Bereits 2022 habe der Automobil-Club eine rege Bautätigkeit auf den Straßen im Land festgestellt. »Zeitweise hat der ADAC bis zu 90 Baustellen gleichzeitig im Land gezählt«, sagt der Sprecher des Automobil-Clubs.

Im Fall des Spitzenreiters Pforzheim geht es konkret um die Dauerbaustelle an der sogenannten Enztalquerung. Auf einer Strecke von fast fünf Kilometern ist hier der Ausbau hin zu einer sechsspurigen Autobahn geplant, wozu die gesamte Fahrbahn im Moment erneuert wird. Bis Ende 2026 sollen die Bauarbeiten dazu noch andauern. In der Gegenrichtung von Pforzheim-Ost nach Pforzheim-Nord waren es 2 792 Staustunden. Damit liegt dieses Segment der Pforzheimer Autobahn auf Platz zwei. Auf allen baden-württembergischen Autobahnen habe es wochentags 32 396 Stunden Stau gegeben – die Strecke Karlsruhe-Stuttgart (in beiden Richtungen) habe dabei einen Anteil von rund 7 109 Stunden, so Häußler.

»Freitags, wenn Berufs- und Reiseverkehr aufeinandertreffen, ist das Staurisiko hoch«

Doch die Strecke Karlsruhe – Stuttgart – sie belegt Platz eins bei den ganzen Autobahn-Abschnitten mit 4 445 Staustunden – über Pforzheim ist längt nicht das einzige Streckensegment im Land, auf dem die Pendler im Süd-Westen Unmengen an Zeit verlieren. Egal, in welche Richtung die Reise auf der A 8 hingehen soll: Zermürbende Autoschlangen sind oft vorprogrammiert. So glänzt auch das Pendant zur Route Karlsruhe – Stuttgart, die Strecke Stuttgart – München, mit überdurchschnittlich hohen Wartezeiten. 3 106 Stunden waren es dabei allein auf der A 8.

Bei den Autobahnabschnitten liegt auch eine Nord-Süd-Verbindung, die Strecke Karlsruhe-Basel auf der A 5 über Freiburg – ebenso wie in Ost-West-Richtung die A 8 – mit an der Spitze des Stau-Rankings. »Auch auf der A 5 wurde im letzten Jahren ein Großteil des Staus von Baustellen verursacht«, erklärt Häußler vom ADAC. So habe die Fahrbahnsanierung auf der A 5 zwischen Riegel und Freiburg-Nord für starke Verkehrsbehinderungen gesorgt.

DATENERFASSUNG ERKLÄRT

Die Zahlen des ADAC von 2022 sind aus den Geschwindigkeitsdaten von Online-Navigationsgeräten, Smartphone-Apps, in Autos eingebaute Navis sowie mit den Daten der in Fahrzeugen von Speditionen vorhandenen Navigationsgeräte erhoben worden. Anonymisierte Nutzerdaten werden ständig in die sogenannten »Floating Car Data« übertragen, auf die Navigationsanbieter und ADAC Zugriff haben. So wurden Daten als Verkehrsstörung für die Staubilanz immer dann erfasst, wenn auf einem Straßenabschnitt von mindestens 300 Metern Länge genau 30 Fahrzeuge oder mehr für einen Zeitraum von mindestens 10 Minuten die erlaubte Geschwindigkeit um mindestens 30 Prozent unterschritten haben. (max)

Daneben sorgt aber auch die Nähe der A 5 zum Ausland für mehr Stau. »Zusätzlich ist der Grenzverkehr zur Schweiz als Ursache zu nennen: Der A 5-Abschnitt zwischen Weil am Rhein/Hüningen und dem Grenzübergang Weil am Rhein/Basel erreichte eine Staudauer von 1 282 Stunden im Jahr 2022. Das entspricht einem Plus von 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr«, so Häußler. Was die Lage zusätzlich verschärfe, ist der hohe grenzüberschreitende Güterverkehr auf dem stauanfälligen Abschnitt, informiert der ADAC. Warum es sich an einem bestimmten Streckenabschnitt plötzlich staut, habe dabei häufig vielfältige Gründe. So entstünden die meisten Staus aus einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren.

Neben Baustellen sind die häufigsten Stau-Ursachen »Unfälle und generell ein hohes Verkehrsaufkommen«, so Häußler. Insbesondere solche Baustellen, bei denen ein oder mehrere Fahrstreifen gesperrt werden müssen, sorgen für zusätzliche Geschwindigkeitsreduzierung und damit für eine erhöhte Staugefahr, so der Automobil-Club. »Besonders problematisch: Während der Bauphase ohne Seitenstreifen gibt es keinen Platz für mehr für Pannenfahrzeuge«, erklärt der ADAC-Sprecher.

Bei den staureichsten Tagen können sich alle freuen, die im Juli Geburtstag feiern – wenn sie keine Autofahrer sind. An drei Freitagen, dem 15. und dem 21. sowie am 29. Juli, hatten es Fahrer mit über 250 Stunden Stau im Land zu tun. Das macht den Ferienmonat zum schlimmsten aller Monate in Sachen Stau. Spitzenreiter beiden staureichsten Tagen ist jedoch der 3. Juni. Da standen die Fahrer im Land an einem Tag ganze 273 Stunden im Stau.

Warum waren die schlimmsten Stautage immer unbedingt an einem Freitag? »Gerade freitags, wenn Berufs- und Reiseverkehr aufeinandertreffen, ist das Staurisiko besonders hoch«, erklärt Häußler die Freitagsproblematik, die zu Ferienbeginn und vor Feiertagen am meisten auftritt. Baden-Württemberger sollten jedoch im Stau nie verzweifeln, denn, so teilt der ADAC mit: Das »Stau-Bundesland Nummer eins ist wie in den Vorjahren Nordrhein-Westfalen«. (GEA)