STUTTGART/BERLIN. Was macht eigentlich eine herausragende Lehrkraft aus? Bei der Verleihung des Deutschen Lehrkräftepreises diese Woche in Berlin wurde klar: Es braucht Engagement, Leidenschaft, den Mut zur Veränderung und nicht zuletzt ein großes Herz und ein offenes Ohr für Schülerinnen und Schüler.
Eine der zehn Preise in der Kategorie »Ausgezeichnete Lehrkräfte« ging nach Baden-Württemberg. Am Königin-Katharina-Stift in Stuttgart freute sich die Schülerschaft des Gymnasiums riesig. Sie selbst waren es gewesen, die ihren Lehrer Werner Fick für den Preis vorschlugen. Warum? Sein Unterricht in den Fächern Physik und Mathematik sei besonders realitätsnah. Ihr Lehrer sei kreativ und engagiert, vor allem aber auch eine Vertrauensperson, die auch bei persönlichen Problemen als Ansprechpartner zur Verfügung stehe. Zudem würde Fick zwar Regeln durchsetzen, trotzdem aber eine angenehme Atmosphäre schaffen.
Werner Fick selbst steht nicht allzu gerne im Rampenlicht. Unterricht müsse vor allem abwechslungsreich sein, ließ er wissen. Zur Stuttgarter Zeitung sagte er: »Man muss die Schüler ernst nehmen.« Natürlich gebe es im Unterricht auch Regeln, die dürften aber nicht von oben herab durchgesetzt werden.
»Man muss die Schüler ernst nehmen«
Die Auszeichnungen wären für den neuseeländische Erziehungswissenschaftler John Hattie sicherlich keine Überraschung. Dieser hatte schon vor rund 15 Jahren mit einer in der Bildungsforschung als richtungsweisend geltenden Studie für Aufsehen gesorgt. Darin trug er die Ergebnisse von Tausenden weltweit veröffentlichten Studien zur Frage »Wie gelingt erfolgreiches Lernen in der Schule?« zusammen. Sein Ergebnis: Es kommt auf die Lehrkraft und die von ihr verantworteten Unterrichtsqualität an. Macht die Lehrkraft guten Unterricht, so lernen die Schülerinnen und Schüler auch viel. Schulische Rahmenbedingungen wie Klassengröße oder Schulstruktur, so Hattie, hätten dagegen kaum Einfluss auf einen erfolgreichen Wissens- und Kompetenzerwerb.
Der Philologenverband in Baden-Württemberg würdigte Werner Fick nach der Auszeichnung für sein Engagement mit seiner ins Leben gerufenen Robotik AG. Mit dieser habe er seine Schüler zu Höchstleistungen geführt, meint Martina Scherer, Landesvorsitzende des Philologenverbands und betont: »Seine menschliche Seite als Mentor und Ansprechpartner für schulische und persönliche Probleme wird von seinen Schülerinnen und Schülern sehr geschätzt. Er stützt sie dadurch, lässt sie groß werden und fördert dadurch ihre Entwicklung hin zu mündigen und selbstbestimmten Bürgerinnen und Bürgern.« In den Osterfeien fliegt Werner Fick zusammen mit den Schülern der Robotik AG nach Houston, USA. Dort nehmen sie an einem Wettbewerb teil.
»Es ist ein Arbeiten auf wirklicher Augenhöhe«
Und noch ein Preis ging bei der Verleihung in den Südwesten: In der Kategorie »Vorbildliche Schulleitung« gewann das Schulleitungsteam aus Carsten Bangert, Philipp Wetzel und Markus Burster von der Maria-Gress-Schule in Iffezheim den zweiten Preis. Laut dem deutschen Philologenverband, der zusammen mit der Heraeus Bildungsstiftung den Lehrkräftepreis verleiht, hat das Kollegium der Werkrealschule mit einer Kombination aus »innovativem Denken, Ideenreichtum, Engagement und Herz« überzeugt, die die Schule zu einem Vorbild im Landkreis macht.
Auf die Frage, was das Schulleitungsteam an der Maria-Gress-Schule anders macht, antwortet Schulleiter Carsten Bangert dem GEA: "Ich bin mir nicht sicher, ob wir wirklich soviel anders machen. Wir sind eine ganz normale öffentliche Schule." Das Schulleitungsteam höre aber immer wieder, dass Schüler, Eltern und Kollegium es sehr schätzen, bei sämtlichen Entscheidungen einbezogen zu werden. "Das gelingt uns über demokratisch gewählte Stufenteamvertreter aus allen drei Gruppierungen. Mit diesen Vertretern diskutieren wir unsere Vorhaben intensiv im kleinen Kreis und arbeiten gemeinsam an Beschlussvorschlägen, die dann in den offiziellen Großgremien in der Regel von der Mehrheit getragen werden", erklärt der Schulleiter. Die Meinungen der Schüler seien dabei genauso relevant wie die der Eltern und Lehrkräfte. »Es ist ein Arbeiten auf wirklicher Augenhöhe«, so Bangert.
»Wir brauchen klare Ziele, die nicht gleich wieder korrigiert werden«
Nach 20 Jahren in der Schulleitung wisse er, dass man nicht warten könne bis »es« besser würde und die Rahmenbedingungen passen. »Anstelle permanent andere für das Wohl in unserer Schule verantwortlich zu machen, schauen wir gemeinsam nach Handlungsspielräumen innerhalb des Systems«, sagt der Rektor. Mittlerweile hätten sie den Mut, Wege einzuschlagen, die von ihnen als klug und notwendig für die Stärkung ihrer Schülerschaft erachtet würden. »So entwickelten wir etwa das Projektfach ›Ready for Life‹ oder ›Pimp up our Pausenhof‹. Es ist unsere Antwort auf die Aussage einiger unserer Schüler: Wir lernen in der Schule so vieles. Aber das, was wir fürs Leben brauchen, lernen wir nicht.«
Was sich der ausgezeichnete Schulleiter aus Iffezheim von der Politik wünschen würde? »Wir brauchen klare Ziele, die nicht nach der nächsten Landtagswahl wieder korrigiert werden.« Bangert appelliert: »Wir verbrennen an der Basis zu viel wertvolle Energie durch ständige Neuausrichtungen. Wir brauchen mehr Ruhe im System, keine Strukturdebatten und nicht jeden Tag eine neue zusätzliche Aufgabe.« (GEA)