Zum ersten Mal seit zwölfeinhalb Jahren wird am Wochenende ein neuer Cheftrainer bei einem Pflichtspiel auf der Bank des SC Freiburg sitzen. Allerdings dürfte das Erstrundenspiel im DFB-Pokal beim Drittligisten VfL Osnabrück am Samstag (15.30 Uhr/Sky) noch kein echter Gradmesser für Julian Schuster sein - die ersten beiden Bundesliga-Partien gegen den VfB Stuttgart und den FC Bayern München anschließend hingegen schon.
»Ich wundere mich selbst, dass ich relativ entspannt bin«, sagte der Nachfolger von Kult-Trainer Christian Streich vor seinem Auftakt. Coach und Team hätten gut zueinander gefunden, jeder habe die Veränderungen gut angenommen. »Wenn ich es mir vorher ausgemalt hätte, hätte ich es mir so auch gemalt«, erklärte der 39-Jährige.
Grundsätzlich geht er seine erste Trainerstation in verantwortlicher Position mit viel Optimismus an. Darin unterscheidet er sich von Streich, der eher ein Zweckpessimist war. Schusters Arbeit mit der Mannschaft baut dennoch auf der seines Vorgängers auf, unter dem er selbst noch gespielt und mit dem er als Verbindungstrainer zwischen Nachwuchs und Profis auch noch sechs Jahre zusammengearbeitet hat.
Schuster will offensiver spielen lassen
Schließlich ist der Kader weitgehend zusammengeblieben, nur Yannik Keitel (VfB Stuttgart) hat den Verein verlassen. In der Trainingsarbeit und im Spielsystem hat Schuster aber ein paar Anpassungen vorgenommen. Er will ein situativ höheres Pressing und insgesamt etwas offensiver und kreativer spielen lassen, auch wenn das eine größere Anfälligkeit für Konter bedeutet - wie in Testspielen zu beobachten war.
»Es könnte sein, dass wir am Anfang noch eine Findungsphase haben«, sagt SC-Kapitän Christian Günter. Die Spieler könnten sich jedoch mit den Veränderungen »voll identifizieren, weil sie zu unseren Stärken passen«.
Die fehlende Erfahrung des neuen Chefs, sein vergleichsweise junges Alter und dass er noch mit einigen seiner jetzigen Schützlinge zusammen auf dem Platz stand, spielt für die Profis keine Rolle. »Er hat eine grundsätzliche Autorität«, findet Neuzugang Patrick Osterhage. »Es sprüht aus ihm heraus, Inhalte vermitteln zu wollen. Er spricht viel mit uns über Details und ich bin überzeugt, dass er Spieler besser macht.«
In der Vorbereitung war zu beobachten, dass Schuster mit den Spielern auch mal scherzt oder sie in den Arm nimmt, aber auch ganz klar und kritisch mit ihnen umgeht, wenn ihm etwas missfällt. Das »entscheidende Schlagwort« mit Blick auf die Mannschaft sei für ihn »zusammen«, meint Schuster. Wie Streich fordert er das vehement ein: »Es ist absolute Grundvoraussetzung, egal, was wir tun, es zusammen zu tun.«
Freiburg trifft im Pokal auf »absolute Körperlichkeit«
»Ich weiß, dass wir uns Zeit geben müssen, dass auch ich mir Zeit geben muss«, erklärt der Trainer-Novize. Der Kader habe aber schon bewiesen, dass er »in der Lage ist, in der Bundesliga eine gute Rolle zu spielen«. Zunächst aber muss der Sport-Club den ersten Stolperstein Osnabrück aus dem Weg räumen. »So einen Gegner und so ein Stadion wünscht man sich nicht in der ersten Runde«, sagt Schuster. Den VfL zeichne eine »absolute Körperlichkeit« aus.
Die Freiburger sind ohnehin gewarnt vor den Niedersachsen. In der Saison 2021/22 konnten sie sich in der zweiten Pokalrunde erst im Elfmeterschießen im engen Stadion an der Bremer Brücke durchsetzen. Auch damals spielte Osnabrück in der 3. Liga.
»Es ist gut, dass viele Spieler diese Erfahrung schon gemacht haben, da müssen wir sie nicht warnen«, meint Schuster. Danach schaffte es der Sport-Club sogar bis ins Pokalfinale, das er aber gegen RB Leipzig im Elfmeterschießen verlor.
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