Der Vorstoß des CDU-Fraktionschefs Manuel Hagel im Zuge des Bürokratieabbaus, unter anderem Einschnitte bei Arbeitnehmerrechten im öffentlichen Dienst zu machen ist auf heftige Kritik gestoßen. Die Vizechefin von Verdi, Hanna Binder, sagte am Donnerstag in Stuttgart: »Das Landespersonalvertretungsgesetz ist das Herz der Demokratie im öffentlichen Dienst des Landes und der Kommunen. Und Demokratie ist nie lästige oder überflüssige Bürokratie.« Ähnlich reagierte der Deutsche Gewerkschaftsbund. Funktionierende Mitbestimmung leiste einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung von Verwaltungsabläufen.
Am Freitag treffen sich Spitzenvertreter von Landesregierung und Kommunen, um über den Abbau von bürokratischen Hürden und staatlichen Vorschriften sprechen. »Am Freitag muss alles auf den Tisch. Wir brauchen einen klaren Zeitplan, einen Prozess und eine gemeinsame Zieldefinition«, sagte Hagel dem Südwestrundfunk.
Eine Sprecherin der Staatskanzlei sagte, das Gespräch sei als Arbeitstreffen angelegt, mit dem Ziel geeignete Formate der Zusammenarbeit bei diesem zentralen Thema zu finden.
Hagel schlug zum Beispiel Abstriche beim Daten- und Brandschutz und Personalvertretungsgesetz vor. Bei diesen Themen seien im Laufe der Zeit zahlreiche neue Regelungen und Hürden aufgebaut worden, erklärte Hagel. »Hier haben wir ganz konkrete Themen, die wir sofort anpacken können.« Im Personalvertretungsgesetz für Beamte ist zum Beispiel geregelt, dass ein Personalrat ab einer bestimmten Größe der Dienststelle für seine Aufgabe freigestellt werden muss.
Nach Auffassung von SPD-Fraktionschef Andreas Stoch gehen Hagels Vorschläge jedoch in die falsche Richtung: »Wer glaubt, unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus die betriebliche Mitbestimmung und damit die Rechte der Beschäftigten zu schwächen, ist auf dem Holzweg.« Und dass der CDU-Fraktionschef wenige Tage nach der Brandkatastrophe in einem Reutlinger Pflegeheim mit drei Toten eine Aufweichung des Brandschutzes fordere, sei zumindest politisch unsensibel.
Der Staatsminister und Chef der Staatskanzlei, Florian Stegmann (Grüne), trifft dem Bericht zufolge die Präsidenten von Städte-, Gemeinde- und Landkreistag. Kommunen und Wirtschaft hatten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) aufgefordert, einen »Zukunftskonvent« einzuberufen, »um einen Wandel hin zu einem modernen Zukunftsstaat mit verlässlichen und umsetzbaren Zusagen« anzustoßen. »Die Zeit ist reif für ein neues Mindset und für mehr Eigenverantwortung«, sagte Hagel. Die Politik solle sich selbst dazu verpflichten, mit jeder neuen Regelung eine andere abzuschaffen.
Die Spitzenverbände der Kommunen und auch Wirtschaftsverbände wollten sich im Vorfeld des Treffens nicht zu dem Thema äußern.
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