Im Streit um die milliardenschwere Sanierung der Stuttgarter Oper pocht die CDU-Fraktion auf die Prüfung günstigerer Alternativen. Die Fraktion diskutierte am Dienstag mit Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne). Die CDU will die Gründung einer Projektgesellschaft für die Sanierung des über 100 Jahre alten Baus nach eigenen Angaben mittragen, stellt dafür aber zehn Bedingungen, die sie »verbindliche Leitlinien« nennt. »In einer Zeit von Rekordinflation, Rohstoffkrise und immensen Preissteigerungen war es der CDU-Fraktion wichtig, der neu zu gründenden Projektgesellschaft entsprechende verbindliche Leitlinien an die Hand zu geben«, teilte die Fraktion mit.
Unter anderem müsse gewährleistet sein, dass »erst nach dem Architektenwettbewerb in Kenntnis einer dann aktualisierten belastbaren Kostenschätzung« die abschließende Entscheidung der Landesregierung »im Benehmen mit den Regierungsfraktionen für die Form der Sanierung« getroffen werde. Als weitere Forderung wird die Planung für kostengünstigere Alternativen sowie für eine reine Sanierung des Opernhauses, ohne Einbau einer sogenannten Kreuzbühne, genannt.
Vertreter aus dem Landtag sollen in einen neu zu bildenden Bauausschuss aufgenommen werden - es soll geprüft werden, wie dieser Ausschuss im Aufsichtsrat der Projektgesellschaft abgebildet werden kann. Die CDU-Fraktion fordert zudem ein »permanentes Controlling mit finanzieller Budgetierung der Umsetzung« und die Prüfung der Einwerbung von Drittmitteln, um die Finanzierung auf breitere Beine zu stellen. Zudem müsse sichergestellt werden, dass die Kultur in ihrer Breite für das ganze Land weiterhin gefördert wird, etwa das Amateurtheater.
Nach außen gaben sich die Koalitionspartner am Dienstag einig. »Wir freuen uns, dass sich die CDU mit diesem Schritt zur Opernsanierung bekennt«, sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. Bayaz nannte die Diskussion mit der CDU-Fraktion »wichtig und gut«. »Die Stuttgarter Oper ist ein kultureller Leuchtturm. Das ganze Land profitiert davon. Wir sind uns völlig einig, dass eine Generalsanierung notwendig ist, um Stuttgart als internationalen Kulturstandort zu erhalten.« Die kulturelle Vielfalt in der Breite und in der Spitze zeichne Baden-Württemberg aus. »Wirtschaftsstandort und Kulturstandort sind zwei Seiten derselben Medaille.«
Aber Bayaz sagte auch: »Das gibt es nicht zum Nulltarif.« Die Kosten würden allerdings erst nach und nach in den nächsten Jahren anfallen. »Der Landtag wird dabei immer wieder entscheidend beteiligt werden«, versicherte der Minister. »Planung und Kosten werden wir weiterhin transparent gestalten.« Die Projektgesellschaft sei der nächste wichtige Schritt, um das Projekt effizient zu managen.
Die CDU-Fraktion steht nach eigenen Angaben »aus ganzer Überzeugung für Spitzenkultur made in Baden-Württemberg«. Die Sanierung der Oper sei ein dringend anzugehendes Projekt. »Oper, Ballett und Theater gehören nach Stuttgart wie der Fernsehturm, und wir sind stolz auf unser Staatstheater von internationalem Rang«, sagte Fraktionschef Manuel Hagel am Abend. Aber: »In einer Zeit, in der wir alle den Gürtel enger schnallen müssen, ist es nur folgerichtig, Maßnahmen wie die Opernsanierung auf Herz und Nieren zu prüfen.«
Ministerpräsident Winfried Kretschmann bekannte sich zur geplanten Sanierung. »Ich halte die Sanierung für notwendig, dafür muss man sich nur Zustände dort anschauen«, sagte der Grünen-Politiker. Er wundere sich, dass die veraltete Technik überhaupt noch funktioniere, sagte der Regierungschef. Erst nach dem Architektenwettbewerb könne man etwas Belastbares über die Kosten sagen.
Die Grünen-Fraktion hatte schon vergangenen Dienstag den Weg für die Projektgesellschaft freigemacht und einer entsprechenden Kabinettsvorlage zugestimmt. Nach Angaben eines Sprechers von Bayaz sind die von der CDU geforderten Leitlinien nicht Teil der Kabinettsvorlage, die nächste Woche im Ministerrat beschlossen werden soll. Bayaz habe der CDU-Fraktion aber zugesagt, die Leitlinien zu berücksichtigen.
Die Kosten für das Projekt wollen sich das Land und die Stadt Stuttgart teilen. Ob der bisherige Kostenrahmen von über einer Milliarde Euro zu halten ist, wird stark infrage gestellt. Am Montag hatte auch der Landesrechnungshof gefordert, die Planung müsse angesichts der Krise überprüft werden. Unter anderem soll eine moderne sogenannte Kreuzbühne schnellere und einfachere Bühnenbildwechsel möglich machen, außerdem wird mehr Platz zum Beispiel für Proberäume benötigt, das Dach aus dem Jahr 1911 ist marode und die Gastronomie nicht mehr zeitgemäß. Die Intendanz hat zudem eine größere Nutzfläche angemeldet.
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